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Aschenbecher Erde

So sieht es an vielen Stränden aus, in Städten und an Straßen auch.
So sieht es an vielen Stränden aus, in Städten und an Straßen auch. Dean Lewins / Epa / Picturedesk.com
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Zigaretten gefährden die Gesundheit nicht nur der Raucher, sondern auch die der Umwelt: Ihre überall weggeworfenen Filter bestehen vor allem aus Mikroplastik.

Viele Vögel schützen ihre Brut vor Parasiten, indem sie die Nester mit Abwehrstoffen bestücken, die sie in der Natur finden, Stare etwa nehmen Blätter der wilden Möhre, die mit einem Gift Milben abweisen. Aber manche Vögel leben nicht mehr in der Natur, sondern sind Menschen in die Städte gefolgt, und in Mexiko City verfielen Spatzen und Finken auf etwas aus der dortigen Umwelt: Zigarettenstummel, zehn Stück im Durchschnitt hat Montserrat Suárez-Rodriguez (Universidad Autónoma de Tlaxcala) in Nestern gezählt (Biology Letters 2012.0931). Das hat einen guten Grund – mit Nikotin wappnen sich Pflanzen gegen Feinde –, einen schlechten auch: Dieser Müll findet sich so häufig in der Umwelt wie kein Zweiter: 6,5 Billionen (1012) Zigaretten werden jedes Jahr verkauft, die Stummel von 4,5 Billionen werden laut Weltgesundheitsorganisation WHO irgendwo weggeschmissen, in Städten, an Straßen, an Stränden: „Die Welt ist ein gigantischer Aschenbecher geworden“, fasste das Hakai Magazine zusammen (7. 3.).

Weggeworfen wird meist achtlos, aber auch, weil Filter oft für harmloses Papier gehalten werden, das ohnehin bald verrottet. Aber sie bestehen aus Zelluloseacetat, im Ausgang ein Naturprodukt, aber chemisch so modifiziert, dass die Fasern – von denen um die 15.000 in jedem Filter stecken – als Mikroplastik gelten, über zehn Jahre brauchen sie zum Zerfallen.

Fische sterben an den Giften

In dieser Zeit setzen sie außer ihrem Plastik auch alles frei, was in ihnen steckt, das Nikotin, die ca. 6000 Chemikalien, von denen über 60 kanzerogen sind, Schwermetalle, die fielen Sina Dobaradaran (Essen) im Persischen Golf auf, er vermutete „akute Gefahren für lokale Arten“ (Tobacco Control 2016-052931). Dieser Verdacht – dass Zigaretten nicht nur für Raucher gefährlich sind, sondern auch für die Umwelt – hat sich häufig erhärtet, vor allem bei aquatischen Lebewesen: Die litten schon bei ungenutzten Filtern – die zum Vergleich getestet wurden –, die Schäden summierten sich durch die voller Rauchinhaltsstoffe, etwa bei Wasserflöhen und Meeresschnecken, deren Beweglichkeit stark eingeschränkt wurde. Oder und ärger bei Elritzen, bei denen in Experimenten von Elli Slaugther (San Diego State University) schon 1,8 Stummel pro Liter der Hälfte der Tiere den Tod brachten (Tobacco Control 20: i25).

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