Konjunktur

Österreichs Industrie steht vor einer Rezession

IV Generalsekretär Christoph Neumayer.
IV Generalsekretär Christoph Neumayer.IMAGO/Martin Juen
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Ein Aufschwung sei erst 2024 möglich. Die IV ruft nach Investitionsprämien und sieht wenig Spielraum für die Lohnrunden.

Der Industrie steht ein frostiges restliches Jahr bevor. Ein Aufschwung, auf den man bis vor wenigen Monaten noch gehofft hatte, wird ausbleiben, so die Industriellenvereinigung (IV) bei der Präsentation ihrer aktuellsten Konjunkturumfrage. „Wir befürchten eine Winterrezession für die österreichische Industrie“, sagte IV-Chefökonom Christian Helmenstein.

Die Eintrübungen der Konjunkturaussichten seien struktureller und nicht saisonaler Natur. Positive Impulse seien auch von der Weltwirtschaft nicht zu erwarten.

Akzentuelle Rezession

Zu erwarten sei eine akzentuelle Rezession. Das heißt, dass eine Abschwächung in den verschiedenen Branchen unterschiedlich spürbar sein wird. Schwerer betroffen seien die Papier- und Pappindustrie und die Bauwirtschaft, wo es konkret den Wohnbau treffen werde. Entwicklungen, die in den nächsten Monaten auch zum Wegfall einiger tausend Industriearbeitsplätze führen werden, vor allem im Bau- und Baunebengewerbe. Um speziell diesen Sektor zu beleben, spricht sich der Generalsekretär der IV Christoph Neumayer für eine Lockerung der Kreditvergaberegeln aus.

In anderen Bereichen werde Beschäftigung aber weiter aufgebaut. Dennoch sei ein grundlegender Fachkräftemangel weiterhin Thema. Die schlechten Aussichten für die Industrie teilt auch Wifo-Volkswirt Christian Glocker. „Wir werden eine Zweiteilung der Konjunktur erleben. Das heißt, wir werden es mit einer rezessiven Industrie, aber gleichzeitig nicht mit einer Rezession bei den Dienstleistungen zu tun haben, weil die Kaufkraft vorhanden bleiben könnte.“

Für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hat das aber nur wenig positive Auswirkungen, denn impulsgebend für die Gesamtwirtschaft ist die Leistung der Industrie. Diese Zweiteilung der Konjunktur hält laut Wifo 2023 noch an, sollte sich aber 2024 abschwächen, wodurch das Wachstum der Gesamtwirtschaft nächstes Jahr auf 1,4 Prozent anziehen soll. 

Schwaches Wachstum bei hoher Unsicherheit
Schwaches Wachstum bei hoher UnsicherheitGetty, Wifo, Die Presse

Mit einem Aufwärtstrend könne man bestenfalls im kommenden Frühjahr wieder rechnen, sind sich der Wirtschaftsforscher und die Interessensvertretung einig.

Ruf nach Investitionsprämie

Für die IV ist klar: Es braucht rasche Investitionen, um aus dem „Tal der Tränen“ schneller heraus zu kommen, appelliert Neumayer an die Regierung. „Das Erfolgsrezept der Investitionsprämie hat in Zeiten der Covid-Pandemie zielgerichtet Investitionen gefördert – jeder investierte Euro hat dabei rund zehn Euro an Investitionen mobilisiert.“ Zudem brauche es einen Bürokratieabbau und verkürzte Verfahren, um Projekte wie die die Energiewende schneller voranzutreiben. Angesichts der schwachen Konjunktur will man sich eine Debatte über eine Arbeitszeitverkürzung sparen. Vielmehr sollte Leistung honoriert werden.

Lohnverhandlungen im Herbst

Für die bevorstehenden KV-Verhandlungen sieht die Industrie wegen der Inflation und der unsicheren wirtschaftlichen Lage wenig bis keinen Verhandlungsspielraum. Es gelte, branchenmäßig zu unterscheiden, so Neumayer. Die IV ist kein direkter Verhandlungspartner, sondern Gewerkschaft und Wirtschaftskammer. Die IV-Mitgliedsbetriebe sind aber von den Ergebnissen stark betroffen, vor allem sind es die Metaller-Verhandlungen, die traditionell richtungsweisend sind. Derzeit herrsche kein „favorables Umfeld. Es bedarf Umsicht, um gute Entscheidungen zu treffen. Es gibt die Gefahr, dass wir Unternehmen aus dem Markt ‚hinauspreisen‘, wenn wir nicht umsichtig sind.“ Er plädierte erneut für Abschlüsse von 24 statt zwölf Monaten und für abgaben-und steuerfreie Prämienauszahlungen.

Forderungen, gegen die sich die Gewerkschaften PRO-GE und GPA wehren. „Nachhaltige Lohn- und Gehaltserhöhungen lassen sich nicht durch Einmalzahlungen ersetzen. Auch haben sich jährliche Kollektivvertragsverhandlungen bewährt“, so die beiden Chefverhandler für die Metallindustrie, Reinhold Binder (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA) in einer Aussendung.

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