Nachruf

Sinéad O´Connor: Hochsensibel, aber unbeugsam

Das Leben der in Dublin geborenen Sängerin war von Krisen gezeichnet.
Das Leben der in Dublin geborenen Sängerin war von Krisen gezeichnet.Imago / Imago
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Die irische Sängerin Sinéad O´Connor wurde mit ihrer Version des Prince-Songs „Nothing Compares 2 U“ 1990 weltberühmt. Die weitere Karriere wurde schwierig. Nicht nur, weil sie eine unbeirrbare Kritikerin der katholischen Kirche war. Jetzt starb sie mit nur 56 Jahren.

Für die meisten Menschen blieb sie die junge Frau mit der Stoppelglatze, die 1990 die Prince-Ballade „Nothing Compares 2 U“ zum globalen Hit gemacht hat. Auch wenn das Arrangement mit heutigen Ohren gehört, veraltet und steril anmutet, der sensible Gesang von Sinéad O’Connor hat nichts von seiner Faszination verloren. Hier ein Hauchen, dort ein Ächzen und immer wieder unterschiedliche Arten des Verklingens präsentierte die damals 24-jährige Sängerin.

Der Song erzählt von der niederschmetternden Erfahrung einer einseitigen Trennung. „It’s been seven hours and 15 days since you took your love away“, lautet die brillante Eröffnungszeile. Sie fräste sich tief in die Gehirnrinde einer ganzen Generation. Das tiefe Bedauern der Protagonistin dehnt die Zeit, die sanfte Melodie macht sie erträglich. Nicht zuletzt auch wegen des schönen Videos, das sich sehr auf die ausdrucksstarken Augen der Irin konzentrierte, wurde das Stück zum Welthit. Prince, der es komponiert hatte, brachte seine eigene Version erst drei Jahre später heraus.

Das Stuck „Nothing Compares 2 U“ von Sinéad O‘Connor wurde nicht zuletzt wegen des schönen Videos zum Welthit.
Das Stuck „Nothing Compares 2 U“ von Sinéad O‘Connor wurde nicht zuletzt wegen des schönen Videos zum Welthit.Reuters / Kevin Lamarque

Der größte Hit und zugleich der größte Fluch

Es wurde eine Liveversion, bei der er sich Verstärkung von Sängerin Rosie Gaines holte. Das zeigt, welchen Respekt der sonst nicht unter Konkurrenzscheu leidende Prince vor der Version O’Connors hatte. Die Originalstudioversion von Prince wurde gar erst 2018 veröffentlicht. Da war Prince schon auf der anderen Seite des Regenbogens. Dieser Song war der größte Hit und gleichzeitig der größte Fluch für die 1966 in Glenageary nahe Dublin geborene Sängerin, deren Leben von vielen Krisen gekennzeichnet war.

Psychische Probleme, Krankheiten, Skandale, finanzielle Engpässe und zuletzt der tragische Suizid ihres erst 17-jährigen Sohnes Shane. Dabei hatte sie auch eine helle Seite. Hört man sich ihre Debütplatte von 1987 an, erstaunt ihre Unbekümmertheit. Im Lied “I Want Your (Hands On Me)” forderte sie ganz offen körperliche Liebe.

Welle der Empörung nach Kritik an Papst Johannes Paul II.

Nach „Nothing Compares 2 U“ glaubte die Musikindustrie, einen neuen Geldesel gefunden zu haben. Die Irin war störrisch und dämpfte die hohen Erwartungen mit der Ablehnung von vier ihr zugedachten Grammys. 1992 zerriss sie in der amerikanischen TV-Show „Saturday Night Live“ das Foto von Papst Johannes Paul II., um gegen die Missbrauchswelle in der katholischen Kirche zu protestieren.

Eine ungeheure Welle der Ablehnung schwappte danach über O’Connor. Gut nachzusehen auf einem YouTube-Video eines Bob-Dylan-Tribute-Konzerts, auf dem sie massiv ausgebuht wurde. Einzig Countrystar Kris Kristofferson sprach ihr gut zu in diesem Moment. Und dann flogen die Funken.

O’Connor brüllte den Bob Marley Song „War“ hinaus. Samt seiner berühmten Eingangszeilen, die einer Rede des äthiopischen Kaisers Haile Selasse vor der Uno entliehen sind. Im ersten Schock wollte sie gar nicht mehr in der Popmusik weitermachen. Sie studierte Operngesang und begann über den knappen Horizont der kommerziellen Popmusik hinauszudenken.

Wirres Privatleben

O‘Connor 2000 mit ihrer Tochter Rosin.
O‘Connor 2000 mit ihrer Tochter Rosin.Reuters / Reuters Photographer

Sie entschied sich glücklicherweise wieder anders und nahm feine Alben in so unterschiedlichen Genres wie Folk, Big-Band-Jazz, Weltmusik und Reggae auf. Zudem tat sie sich als Schauspielerin in Filmen von Peter Kominsky und Neil Jordan um. Die vierfache Mutter zog sich immer wieder vom Business zurück, um bald wieder spektakuläre Comebacks zu feiern. Privat wurde es wirrer in den letzten Jahren. Mal hieß es, sie sei obdachlos, dann überraschte sie damit, dass sie dem Islam beitrat. Jetzt endete ihr leider selten glückliches Leben überraschend früh.

„I wanna make something beautiful“ sang sie ein ihrem Song „God“. Schönes zu schenken, das war ihr wenigstens gegeben, in ihrem kurzen irdischen Dasein. 

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