Die Demokratische Partei von Bersani will mit der populistischen Protestbewegung des Komikers Grillo verhandeln. Dieser lehnt eine Koalition aber ab: "Wir werden keiner Regierung unser Vertrauen aussprechen."
Nach dem knappen Wahlausgang in Italien versuchen die Parteien, einen politischen Stillstand zu umgehen. Obwohl sich die einzelnen Bündnisse in einem Patt gegenüberstehen, setzte Mitte-Links-Chef Pier Luigi Bersani am Mittwoch einen ersten Schritt in Richtung Regierungsbildung. Er signalisierte Interesse an Verhandlungen mit der Protestbewegung "Fünf Sterne" um den Starkomiker Beppe Grillo.
Grillo lehnt eine Koalition aber entschieden ab. "Wir werden keiner Regierung unser Vertrauen aussprechen. Wir werden keine Abkommen schließen, sind jedoch zum Dialog über Ideen bereit, die unserem Wahlprogramm entsprechen. Es gibt für uns eine Alternative", schrieb er am Mittwoch auf Twitter. Bersani bezeichnete er als "Toten auf Beinen". "Bersani ist ein politischer Stalker. Seit Tagen belästigt er die Fünf Sterne-Bewegung mit unanständigen Angeboten, statt zurückzutreten, wie jeder andere an seiner Stelle getan hätte", schrieb Grillo.
Die Worte des 64-jährigen Kabarettisten sind eine kalte Dusche für Bersani, der mit einem Paket von fünf bis sechs Vorschlägen ins Parlament gehen und dazu die Vertrauensfrage stellen will. Er ist bereit, einer Reform des Wahlgesetzes und eine Verringerung der Zahl der Parlamentarier den Vorrang zu geben und hofft dabei auf die Unterstützung der Grillo-Truppe. Die Linke hatte bei den Parlamentswahlen knapp gewonnen, im umkämpften Senat hat jedoch kein Lager eine Mehrheit.
"Allianz mit Berlusconi wäre Selbstmord"
Eine Alternative für Bersani wäre eine Allianz mit Mitte-Rechts-Chef Silvio Berlusconi, der bei den zweitägigen Parlamentswahlen am Sonntag und Montag überraschend gut abgeschnitten und die Mehrheit der Sitze im Senat erhalten hat. Damit kann er das Parlament in Rom blockieren. Der linke Flügel in der PD warnt Bersani vor einer Wahlallianz mit dem Medienzaren. "Eine Allianz mit Berlusconi wäre Selbstmord", sagte der Wirtschaftsexperte des PD, Stefano Fassina.
Berlusconis und Grillos Wahlerfolg sorgte im Ausland für polemische Reaktionen. "Bis zu einem gewissen Grade bin ich entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen haben", sagte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Einer davon sei der Berufs-Komiker Beppo Grillo, der andere "definitiv ein Clown mit einem besonderen Testosteron-Schub".
Daraufhin sagte Italiens Präsident Giorgio Napolitano kurzfristig ein für den heutigen Mittwochabend geplantes Treffen mit Steinbrück in Berlin ab. Napolitano habe die Absage mit den Äußerungen Steinbrücks begründet, in denen dieser den früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi als Clown verspottet hatte, sagte Steinbrücks Sprecher Michael Donnermeyer.
Wege aus der Rezession
Aus wirtschaftlicher Perspektive werden die politischen Entwicklungen ebenfalls kritisch beäugt: Der Chef des Unternehmerverbands Confindustria, Giorgio Squinzi, sagte: "Wichtig ist, dass die neue Regierung sich Wirtschaftswachstum auf die Fahne schreibt. Das Land muss nach diesen Jahren der Rezession wieder den Weg des Wachstums einschlagen. Die neue Regierung muss den Steuerdruck reduzieren und den Aufschwung fördern". Reformen wie Entbürokratisierung, Förderung von großen Infrastrukturprojekten und Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit dürften nicht aus den Augen verloren werden.
Auch die Gewerkschaften zeigten sich besorgt: "Italien steht nach dem Wahlausgang eine Zeit unsicherer politischer Verhältnisse bevor. Die Regierung muss aber dringende Antworten auf die wirtschaftlichen und soziale Probleme der Arbeitnehmer und der Unternehmen finden", sagte der Chef des Gewerkschaftsverbands CISL, Raffaele Bonanni.
(APA/Reuters/dpa)