Rot-Weiß-Rot-Card: Ringen um Hochqualifizierte

RotWeissRotCard Ringen Hochqualifizierte
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Staatssekretär Kurz, Wirtschaft, Industrie wollen Erleichterungen. Sozialminister Hundstorfer ist "gesprächsbereit".

Wien. Mehrere Jahre Studium in Österreich, ein Abschluss als Magister, dazu ein „Master of Arts“ – und jetzt ein Jobangebot mit 1600 Euro brutto im Monat: Geht es nach ÖVP-Staatssekretär Sebastian Kurz, der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung, sollen Fälle wie jener der kolumbianischen Politikwissenschaftlerin Natalia Zambrano Jaramillo, die seit elf Jahren im Land ist, schon bald ein Fall für die Rot-Weiß-Rot-Card für qualifizierte Zuwanderer sein.

Aktuell scheitert Jaramillo, die voraussichtlich bis 6. März das Land verlassen muss, noch an der Einkommensgrenze von 1998 Euro – und daran, dass Kartenbesitzer auch nicht Jobs kombinieren dürfen, um die Grenze doch noch zu überspringen. Hier setzt nun Staatssekretär Kurz an: Vom zuständigen Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) fordert er, die Regeln für die Rot-Weiß-Rot-Karte, die im Ausländerbeschäftigungsgesetz stehen, zu lockern.

Konkret verlangt Kurz eine „deutlich niedrigere, eine realistische“ Einkommenshürde. Eine Zahl will er vorerst nicht nennen. „Aber wir wissen doch, dass Akademiker-Einstiegsgehälter oft unter 2000 Euro liegen.“ Auch Teilzeitjobs sollten für Rot-Weiß-Rot-Kartenbesitzer möglich sein. Der Job von Jaramillo wäre auch einer. Öffnen will Kurz das Zuwanderermodell auch für Bachelor-Absolventen, es soll nicht nur für Magister/Master und Doktoren gelten.

Hoffen auf Steuerzahler

Ein Plädoyer, die Regeln für die Rot-Weiß-Rot-Karte zu lockern, hält auch Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl. Denn statt dass qualifizierte Zuwanderer Österreich überlaufen, gebe es einen Mangel. Statt der geplanten 8000 Karten pro Jahr wurden 2012 nur 1900 beantragt und 1500 bewilligt. Dazu Leitl: „Schon bei Einführung der Karte 2010 war klar: Keiner wird draußen stehen, wenn wir die Türe nur einen Spalt weit öffnen, während andere Länder ihre Türen weit aufmachen.“ Als liberalere Arbeitsmärkte nennt Leitl Deutschland, Kanada oder Australien.

Das Mindesteinkommen für eine Rot-Weiß-Rot-Card solle sich „am Kollektivvertrag orientieren, das reicht“, sagt der Wirtschaftskammerchef. Entscheidend sei, dass Ausländer, die in Österreich um Steuergeld ausgebildet worden sind, auch hier arbeiten und somit selbst Steuern zahlen können. „Alles andere ist Unsinn.“ Auch der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer, hofft auf ein neues Abkommen der Sozialpartner mit der Politik: „Wir müssen konsequenter auf den internationalen Märkten um Qualifizierte etwa für den technischen und naturwissenschaftlichen Bereich werben.“ Gelingen solle das über die Regierung sowie die Botschaften und Handelsdelegierten.

In den Vorjahren gebremst hat vor allem die Arbeiterkammer: Mit der 1998-Euro-Hürde wollte sie einem Zuzug billiger Arbeitskräfte vorbeugen. Die Sorge davor sei auch wegen des notwendigen Universitätsabschlusses unbegründet, sagt Neumayer. Minister Hundstorfer zeigte sich am Donnerstag in der Frage der Einkommenshürde „gesprächsbereit“. Kurz will das Thema nächsten Dienstag im Ministerrat ansprechen. Bis Sommer könnte eine Neuerung gelingen.

Jaramillo führte gestern noch Jobgespräche. Bei Erfolg steigt sie am Montag nicht ins Flugzeug.

Auf einen Blick

Seit Juli 2011 gibt es die Rot-Weiß-Rot-Karte, mit der die Regierung 8000 qualifizierte Zuwanderer im Jahr holen wollte. 2012 waren es aber nur 1500 bewilligte Karten. Aktuell müssen Bezieher einen Universitätsabschluss ab dem Magister/Master sowie einen fixen Vollzeitjob spätestens sechs Monate nach dem Studium nachweisen. Das Mindesteinkommen beträgt zurzeit 1998 Euro brutto im Monat. Politik und Wirtschaft verhandeln nun über Erleichterungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2013)

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