Pensionierungswelle

Polizei geht mit Klimaticket und Lockerungen auf Rekrutenfang

Im Anschluss an die Pressekonferenz wurde direkt auf dem Heldenplatz ausgemustert.
Im Anschluss an die Pressekonferenz wurde direkt auf dem Heldenplatz ausgemustert.Clemens Fabry
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6200 Frauen und Männer haben sich dieses Jahr bisher für eine Laufbahn bei der Polizei beworben. Für den Innenminister ist das ein Erfolg, für die Gewerkschaft nicht genug. Durch eine Neubesetzung der frei werdenden Stellen werde der Bedarf nicht gedeckt.

1000 Polizeibeamtinnen und -beamte werden in diesem Jahr österreichweit in Pension gehen. Es braucht dringend Nachschub, vor allem in Wien, wie Innenminister Karner am Dienstag betont. Bei diesem sah es noch im Frühjahr nicht sehr rosig aus. Daher habe man gezielt Maßnahmen ergriffen, um „den Beruf noch moderner und noch zeitgemäßer zu gestalten“. Nun sei das Interesse seit dem Frühjahr wieder gestiegen. „Gott sei Dank“, meint der Minister.

6200 Frauen und Männer haben sich dieses Jahr bisher für eine Karriere bei der Polizei beworben. Allein in Wien sollen bis Ende des Jahres 118 hinzukommen. 2300 junge Menschen werden derzeit an zwölf Standorten in Österreich ausgebildet.

Cyberausbildung und mehr Sport

Es seien „unterschiedliche Räder, an denen wir gedreht haben“, verkündet Karner. Zunächst habe man versucht, das Auswahlverfahren zu modernisieren und die Ausbildung attraktiver zu gestalten. So gebe es unter anderem neue Module, etwa im Bereich Sport und Bewegung oder bei der Cyberausbildung – einem Bereich, der aktuell immer wichtiger wird. Auch bei der Aufnahmeprüfung gebe es nun Lockerungen: Einzelne Testbereiche können wiederholt werden.

Zudem sollen potenziell Interessierte auch mit mehr Gehalt gelockt werden. Seit Beginn des Jahres bekommen Polizistinnen und Polizisten im ersten Dienstjahr 140 Euro netto mehr pro Monat, im zweiten Jahr steigt das Gehalt um 200 Euro monatlich. Außerdem winken neuerdings auch Boni: Ein Klimaticket gibt es obendrauf, und ein Führerschein ist nun keine Voraussetzung mehr, sondern kann auch erst während der Ausbildung absolviert werden. Ein Prämiensystem soll des Weiteren als Anreiz für Beamtinnen und Beamte dienen, weitere Interessierte anzuwerben.

118 neue Beamtinnen und Beamte sollen bis Ende des Jahres in Wien hinzukommen.
118 neue Beamtinnen und Beamte sollen bis Ende des Jahres in Wien hinzukommen.Clemens Fabry

Rekrutierung per WhatsApp und Signal

Zusätzliche Werbemaßnahmen sollen außerdem auf den Polizeiberuf aufmerksam machen, der, wie Karner betont, „oft gefährlich, oft anstrengend“, aber gleichzeitig sehr erfüllend sei. Laut Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl hat auch das kürzlich eröffnete Wiener Recruiting-Center dazu beigetragen, „den einen oder anderen an Land zu ziehen“. Im Oktober 2023 soll ein weiteres Info-Center, „ganz zentral am Schottenring 10“, seine Pforten öffnen. Dort werde es auch möglich sein, mit Beamtinnen und Beamten zu sprechen, die im täglichen Dienst sind. In diesem Jahr werde es zudem noch 90 kleinere Veranstaltungen und einen Recruiting-Bus geben. Nach wie vor seien auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Schulen unterwegs. Auch bei der „großen Blaulichtmesse“ im Rathaus am 2. September können sich Interessierte über den Polizeiberuf informieren.

Eine „moderne Rekrutierung“ soll neuerdings auch dabei helfen, mehr und insbesondere jüngere Menschen zu erreichen. Neue Kommunikationsmöglichkeiten zur Bewerbung werden erschlossen, darunter etwa WhatsApp oder Signal. Zudem wurden Hürden für den Eintritt in den Polizeiberuf entfernt. So sind etwa Tattoos kein Ausschlusskriterium mehr, solang sie nicht rechts- oder linksradikal, entwürdigend, sexistisch bzw. frauenfeindlich oder gewaltverherrlichend bzw. menschenverachtend sind.

Für den Innenminister ist der Erfolg durch die neuen Maßnahmen ein eindeutiger Hinweis darauf, dass der aktuelle Kurs stimmt. Es sei ein „guter Tag für die Sicherheit in Wien“. Kritik an den neuen Rekrutierungsmaßnahmen gibt es aber trotzdem. Aus der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen etwa wurden bereits Stimmen laut, die trotz Erhöhung das Einstiegsgehalt noch immer für zu niedrig befinden. Zudem sei nicht nur eine Nachbesetzung der frei werdenden Stellen erforderlich, um den Bedarf zu decken, sondern ein weiterer Zuwachs. Für Karner hingegen ist alles im Lot. Es gebe immerhin 4000 Beamtinnen und Beamte in ganz Österreich und eine sehr geringe Fluktuation: „Zeigen Sie mir einen Konzern, bei dem das so ist.“

Täglich gibt es allein in Wien 1200 bis 1300 Polizeieinsätze. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbringen 9 bis 24 Monate im Außendienst, danach kommen sie zu Bereitschaftseinheiten, die an Hotspots tätig sind. Dort sind auch vertiefende Ausbildungen und Spezialisierungen möglich, etwa die der Drohnenpiloten, die in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden sind. Nach drei Jahren im Außendienst kann man sich für einen dienstführenden Posten bewerben, etwa als Kriminalbeamtin oder -beamter. Auch ein Bachelorstudium eröffnet weitere Karrieremöglichkeiten.

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