"Steuer" zahlen statt Energie sparen?

(c) AP (Christof Stache )
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Per Gesetz will die Regierung einen sparsameren Umgang mit Energie erreichen. Übrig bleiben könnte eine neue "Steuer" in Form von Strafzahlungen.

Wien. Dass man es mit dem Ehrgeiz beim Energiesparen auch übertreiben kann, zeigt zur Zeit die tschechische VW-Tochter Škoda. Dort wollte man den Energieverbrauch um 25 Prozent senken. In einem nordböhmischen Werk beschwerten sich die Arbeiter nun, dass sie frieren würden: Die Temperatur sei unter 18 Grad gefallen.

Ganz so hoch setzt sich die heimische Regierung ihre Ziele zwar nicht. Aber auch hierzulande soll künftig effizienter mit Energie umgegangen werden. Und da die EU im Sommer des Vorjahres eine Richtlinie verabschiedete, wonach der Energieverbrauch pro Jahr um 1,5 Prozent sinken soll, erstellte das zuständige Wirtschaftsministerium ein Energieeffizienzgesetz, das noch im März im Ministerrat beschlossen werden soll.

Viel Kritik trotz hehrem Ziel

Doch obwohl mehr Effizienz im Umgang mit Energie von allen Experten und Branchenvertretern als entscheidender Baustein für die Erreichung der CO2-Ziele angesehen wird, sorgt der von Mitterlehner vorgelegte Entwurf vor allem für eines: massive Kritik.

Hauptvorwurf der Kritiker ist die Verpflichtung der Energielieferanten, dass ihre Kunden jedes Jahr um 0,6 Prozent weniger Energie verbrauchen. Die Verpflichtung der Lieferanten trage aber bereits einen Widerspruch in sich, so die E-Control. Sie fordert, dass stattdessen die Netzbetreiber in die Pflicht genommen werden. Und damit ist sich der heimische Energieregulator ausnahmsweise einmal mit Branchenvertretern einig.

„Bei den Netzbetreibern gibt es 130 bekannte Unternehmen. Da ist die Administration relativ einfach. Zu den Energielieferanten zählt aber auch das Lagerhaus Zwettl“, sagt E-Control-Vorstand Martin Graf. Ähnlich sieht man das beim größten heimischen Stromkonzern Verbund. Da man hauptsächlich große Industriekunden habe – die durch das Gesetz selbst Energieverpflichtungen erhalten – sei die Umsetzung der Vorgaben kaum möglich.

Das Ministerium antwortet auf die Kritik mit dem Verweis, dass nur so auch jene Energieträger erfasst würden, die nicht leitungsgebunden sind. So gilt die Effizienzverpflichtung nicht nur für Stromversorger, sondern etwa auch für die OMV, Tankstellenbetreiber oder Heizöl-Lieferanten. Gerade Letztere dürften jedoch die Effizienzvorgaben nicht erfüllen können – und daher die im Gesetz für diesen Fall vorgeschriebenen Ausgleichszahlungen leisten (diese fließen in bestehende Fördertöpfe für „effizienzsteigernde Umweltförderungsmaßnahmen“). Anstatt direkter Effizienzmaßnahmen würde das Gesetz so eine verkappte neue Steuer bringen, bemängeln Kritiker. Wie hoch diese Steuer ausfallen wird, weiß allerdings noch niemand. Eine konkrete Summe steht bisher nicht im Gesetzesentwurf.

Stattdessen sorgt eine andere Summe, die Eingang ins Gesetz gefunden hat, für Aufregung: 36 Millionen Euro im Jahr sollen die defizitären Gas- und Wärmekraftwerke (KWK) künftig von den heimischen Stromkunden zugeschossen bekommen. Wie „Die Presse“ berichtete, kommt vor allem die Wien Energie, in den Genuss der KWK-Förderung durch die Hintertür. Sechs Euro im Jahr wird der durchschnittliche Haushalt dafür bezahlen, dass bestehende Gaskraftwerke weiterlaufen. Ein „Körberlgeld für Fehlinvestitionen“, poltert der Umweltdachverband gegen die versteckte Förderung. Aber die Allianz der Gegner ist breit. Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, die Industriellenvereinigung und Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) stellten sich gegen die KWK-Förderung in ihrer bisherigen Form.

Regierung braucht Grün-Stimmen

Trotz vielfacher Kritik dürfte das Gesetz wie geplant schon bald im Ministerrat beschlossen werden. Um in Kraft zu treten, muss es aber mit Zweidrittelmehrheit im Parlament beschlossen werden. Die Regierung braucht also die Stimme einer der beiden größeren Oppositionsparteien. Da die FPÖ bereits abgesagt hat, bleiben ihr nur noch die Grünen, mit denen bereits verhandelt wird.

„In dieser Form stimmen wir aber sicher nicht zu“, sagt die grüne Energiesprecherin, Christiane Brunner, zur „Presse“. So müsse etwa auch bei Effizienz zwischen fossiler und erneuerbarer Energie unterschieden werden. „Denn es ist klar, dass die Grünen keinem Gesetz zustimmen, das neue Ölkessel fördert“, sagt Brunner. Beobachtern zufolge könnte dies der Regierung auch gar nicht unrecht sein. So ließe sich die Ablehnung der Grünen bei einem Umweltthema im bevorstehenden Wahlkampf gut verwerten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2013)

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