Rammstein-Vowürfe

Was man noch über Till Lindemann sagen darf

Till Lindemann geht rechtlich gegen einzelne Behauptungen vor.
Till Lindemann geht rechtlich gegen einzelne Behauptungen vor. IMAGO/Carlos Santiago/ Eyepix Group
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Rammstein-Sänger Till Lindemann geht in mehr als ein Dutzend Verfahren gegen Medien und Personen vor, die öffentlich Vorwürfe gegen ihn erhoben haben. Die deutsche YouTuberin Kayla Shyx und der „Spiegel“ mussten infolge einige Textpassagen ihrer Berichte streichen.

Gegen die deutsche YouTuberin Kayla Shyx, bürgerlich Kayla Loska, ist eine einstweilige Verfügung erwirkt worden. Acht Passagen muss die 21-Jährige nachträglich aus ihrem YouTube-Video „Was wirklich bei Rammstein Afterpartys passiert“ herausschneiden. Ihr zufolge seien das etwa 40 Sekunden des 35-minütigem Videos, in dem sie Anschuldigungen gegen Rammstein-Frontmann Till Lindemann erhoben hatte. Lindemann und seine Anwälte haben sämtliche Vorwürfe stets entschieden zurückgewiesen.

Shyx muss nach eigener Angabe auch die Kosten des Verfahrens vor dem Landgericht Hamburg tragen, der Streitwert dessen beträgt 60.000 Euro. In einem Video, das die YouTuberin am Dienstag auf Instagram postete, dröselt sie den Beschluss des Landgerichts Hamburg für ihre Community auf. Sie habe einige Dinge „rechtswidrig formuliert“, wie sie sagt. Shyx hat im Video ihre eigenen Erfahrungen auf einer Aftershow-Party von Lindemann geschildert und damit bestehende Vorwürfe gegen den Sänger weiter bekräftigt. Auch das Rekrutierungssystem junger Frauen rund um Rammstein-Konzerte fand Eingang ins Video, nichts von alledem sei vor Gericht beanstandet worden, dürfe also auch weiter erzählt werden.

Nicht behauptet werden dürfe aber, dass Lindemann - oder jemand aus seinem Umfeld - den jungen Frauen K.O.-Tropfen oder sonstige Drogen (auch Alkohol) verabreicht hätte, um anschließend mit ihnen Sex haben zu können. Dem Landgericht Hamburg zufolge konnte die Behauptung nicht glaubhaft gemacht werden, weshalb sie auch nicht getätigt werden darf. Auch der Vergleich zu „R. Kelly und diesen ganzen pädophilen Vergewaltigern“ muss nachträglich gestrichen werden. Dabei handelt es sich dem Beschluss zufolge um einen ehrverletzenden Vergleich, dem es an „Anknüpfungstatsachen“ fehlt. Von der für Lindemann tätigen Kanzlei Schertz Bergmann Rechtsanwälte heißt es in einer Mitteilung, es würde damit „weiterhin an jeglichem Beweis für die Richtigkeit der nicht nur von Kayla Shyx erhobenen Vorwürfe“ mangeln.

Auch untersagt wurde der YouTuberin, die Aussage, dass Männer auf der ganzen Welt ihre Machtpositionen ausnutzen würden, um Mädchen sexuell zu missbrauchen und dabei von einem riesigen System geschützt würden. Lindemann sei einer davon, hieß es in der ursprünglichen Version des Videos. Das Zitat musste gestrichen werden. Es erwecke dem Gericht zufolge den Eindruck, dass die Handlungen gegen den Willen der jungen Frauen vorgenommen wurden. Eine Entscheidung, die der deutsche Rechtsanwalt Christian Solmecke, der auf YouTube die Beschlüsse zur Causa Rammstein erklärt und kommentiert, nicht nachvollziehen kann. Für ihn sei das keine rechtwidrige Äußerung, es sei eine Meinungsäußerung zum gesamten System und dem Thema Machtmissbrauch. „Ich finde hier liegt das Landgericht Hamburg falsch“, meint er.

Dennoch hat sich Shyx an die einstweilige Verfügung zu halten – tut sie das nicht, könnte das die YouTuberin nochmal um die 10.000 Euro kostet, erklärt der Anwalt in seinem Video des Kanals „WBS Legal“.

Auch der „Spiegel“ musste Textpassagen streichen. So darf die Berichterstattung der deutschen Zeitung nicht den Eindruck erwecken, Frauen wären bewusst unter Drogen gesetzt worden, um sie gefügig zu machen. Dafür gebe es dem Beschluss zufolge zu wenig Anknüpfungspunkte, das heißt der Vorwurf konnte vor Gericht nicht ausreichend belegt werden, um weiter in dieser Form darüber berichten zu können. Auch bestimmte Ausdrücke musste der „Spiegel“ aus der Berichterstattung streichen. In einigen anderen Punkten wurde Lindemanns Antrag auf Unterlassung aber zurückgewiesen.

„Suck Box“ und Casting-Verfahren

So darf der „Spiegel“ weiterhin von der „Suck Box“ hinter bzw. unter der Bühne berichten, auch, dass es in diesem Raum immer wieder zu oralen Befriedigung von Lindemann gekommen sei. Vor Gericht gilt dies als unstreitig, ebenso wie das Rekrutierungssystem junger Fans für die sogenannte „Row Zero“ und die Aftershow-Partys. Über all das darf weiter berichtet werden, strafrechtlich relevant ist allerdings nur, ob das, was in der „Suck Box“ passiert ist, immer einvernehmlich war. Auch darf der „Spiegel“ weiterhin von den Erfahrungen sämtlicher Frauen berichten. Selbst dann, wenn Lindemann einzelne Handlungen abstreitet. So soll er eine junge Frau während des sexuellen Kontakts angeblich brutal gegen das Bett gedrückt haben, auch gegen ihren Willen gehandelt haben. Lindemann bestreitet zwar den sexuellen Kontakt nicht, allerdings die detaillierten Schilderungen der Frau, die der „Spiegel“ Zoe nennt.

Flapsig formuliert, haben sowohl Anstragsteller Lindemann als auch der Spiegel-Verlag das Eilverfahren jeweils zur Hälfte gewonnen, auch die Gerichtskosten muss man sich teilen: 44 Prozent soll Lindemann tragen, der Verlag 56 Prozent. Nun können sich sowohl der „Spiegel“ als auch Kayla Shyx gegen die Beschlüsse wehren. Der Fall geht dann durch verschiedene Instanzen. Das deutsche Blatt forciert das, ob auch die YouTuberin weiter vor Gericht ziehen will, ist noch nicht bekannt. Sie hätte jedenfalls „keine bösen Absichten“ gehabt, wie sie selbst auf Instagram mitteilt. Sie wolle lediglich junge Frauen schützen. (evdin)

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