Protest

Demo gegen Konzert: Den Rammstein-Fans wünscht man nur Zärtlichkeit

Rechtlich geklärt sind die Vorwürfe um Till Lindemann nicht. Welches Ergebnis sie sich wünschen würden, demonstrierten einige der Protestierenden vor dem Stadion - zum Teil in sehr drastischen Worten.
Rechtlich geklärt sind die Vorwürfe um Till Lindemann nicht. Welches Ergebnis sie sich wünschen würden, demonstrierten einige der Protestierenden vor dem Stadion - zum Teil in sehr drastischen Worten.GEORG HOCHMUTH/APA
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1800 Menschen sollen nach Angaben der Organisation #aufstehn am Mittwochnachmittag gegen das Stadion-Konzert der umstrittenen Band protestiert haben. Die Demo interessierte einige Rammstein-Fans mehr als die Vorband.

„Wer nicht hüpft, der geht zur Demo, hey, hey“: Der Graben zwischen den – mehrheitlich in Schwarz gekleideten – Rammstein-Fans und den Kritikern der Band war am Mittwochnachmittag schon in Bus und Bahn Richtung Ernst-Happel-Stadion bemerkbar. In der Stadionallee standen sich dann ab 17:30 Uhr die Fronten gegenüber – dazwischen die Polizei.

Die Kampagnenorganisation #aufstehn hatte unter dem Motto „Keine Bühne für mutmaßliche Täter“ zum Protest aufgerufen, dem Bündnis der Organisatoren schlossen sich auch u. a die Österreichischen Frauenhäuser und die Grünen Frauen Wien an. Die SPÖ-Frauen zeigten sich mit den Protestierenden solidarisch. 1800 Menschen fanden sich laut Zählung der Organisatoren zur Demo ein (Eine polizeiliche Zählung lag noch nicht vor). Eine Schätzung, die eher hoch gegriffen wirkt. Das Konzert wiederum – das erste von zwei ausverkauften – wurde von rund 55.000 Menschen besucht. Vor dem Stadion musterte man sich gegenseitig, eine Seite filmte die andere, eine Seite beschimpfte die andere – zumindest vereinzelt. Zwei Rammstein-Fans streiften grinsend am Demogelände auf und ab. Die Anspannung war deutlich spürbar, während die Aktivistinnen und Rednerinnen für Opferschutz plädierten.

Dem Rammstein-Sänger Till Lindemann wird vorgeworfen, er habe systematisch junge Frauen für Aftershowpartys rekrutieren lassen, bei denen es auch zu sexuellen Übergriffen gekommen sein soll. Auch ein Vorwurf aus Österreich wurde jüngst erhoben, ein Ermittlungsverfahren werde vorerst nicht eingeleitet, heißt es von der Staatsanwaltschaft Wien. Lindemann lässt die Vorwürfe über seine Anwälte abstreiten.

Die Demo-Veranstalter begründeten ihren Protest nicht nur moralisch: „Solange die Vorfälle nicht geklärt sind, sind die Konzerte kein sicherer Ort für Besucher_innen“, hieß es. Der Konzertveranstalter Arcadia Music hatte indes explizit „sichere Shows“ versprochen: Eine „Row Zero“ gebe es nicht, dafür eigene „Safe Spaces“ und geschultes Sicherheitspersonal. Inwiefern könnten Fans beim Konzert gefährdet sein? Man befürchte, dass es trotzdem inoffizielle After-Show-Partys und Rekrutierungen dafür im Publikum geben könnte, sagte eine Sprecherin von #aufstehn zur „Presse“. 

„Findest du Vergewaltigung lustig?“

Die Demonstration vor dem Stadion wurde mit einer „Triggerwarnung für die gesamte Veranstaltung“ eröffnet: Es werde um sexuelle Gewalt gehen. Wem es zu viel werde, könne sich an ein Awareness-Team wenden, erkennbar an den lilafarbenen Flaggen mit der Aufschrift „AWA“. „Glaubt Betroffenen“, stand auf einem Demo-Schild. „Wir stehen hinter euch“, rief Katharina Mückstein allen Opfern von sexueller Gewalt zu. Die österreichische Filmemacherin hatte im Sommer vorigen Jahres eine österreichweite #Metoo-Welle ausgelöst, indem sie Betroffenen via Instagram eine Stimme gab.

Für Rammstein-Fans hatte sie nun nette Worte übrig: „Ich wünsche euch, dass euch in eurem Leben nichts Schlimmes passiert und euch das Leben mit Zartheit begegnet“. Immer wieder grölte jemand von der anderen Seite dazwischen. Die Demonstrierenden – schätzungsweise 60 Prozent Frauen, mehrheitlich jung – antworteten mit „Haut ab, haut ab, haut ab“. Auf der Stadion-Seite schien man sich darüber zu amüsieren. „Findest du Vergewaltigung lustig, oder warum lachst du?“, fragte Autorin und Satirikerin Stefanie Sargnagel, die ebenfalls demonstrierte, laut in ihre Richtung.

Tickets schnell wegschmeißen?

Mittelfinger von allen Seiten: Einig wurde man sich hier freilich nicht, auch wenn ein Schild den Konzertbesuchenden nahe legte, die Tickets einfach noch schnell wegzuschmeißen. Die zwei Stunden lange Demo schien für einzelne Fans der umstrittenen Rockband jedenfalls interessanter zu sein als die Vorband des Acts. Als um 19 Uhr das Konzert begann, standen immer noch einige Schaulustige nahe der polizeigeschützten Absperrung zur Demonstration.  

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