Bruder und Tochter des verstorbenen polnischen Präsidenten Lech Kaczynski haben eine Klage gegen die Einstellung der Untersuchungen eingebracht.
Ein Warschauer Gericht hat der Staatsanwaltschaft aufgetragen, erneut Ermittlungen wegen der mutmaßlich mangelhaften Organisation des Unglücksflugs nach Smolensk vom April 2010 wieder aufzunehmen. Grund ist eine Klage gegen das Ermittlungs-Aus reichten Jaroslaw Kaczynski und Marta Kaczynska ein - Bruder und Tochter von Präsident Lech Kaczynski, der bei der Katastrophe ums Leben gekommen war. Die Untersuchungen waren im Juni 2012 eingestellt worden.
Das Gericht gab den Familienangehörigen des verstorbenen Präsidenten den Status von Geschädigten, was die Staatsanwaltschaft früher verweigert hatte. Richterin Anna Tyszkiewicz teilte am Mittwoch in der Begründung des Urteils mit, dass die Staatsanwaltschaft erst nach der Zulassung der Geschädigten zu den Ermittlungen und nach ihrer möglichen Beweisinitiative eine Endentscheidung in der Sache treffen darf.
Die Staatsanwaltschaft behauptete bisher, dass bei den Ermittlungen nur der Staat als Geschädigter betrachtet werden könnte.
Ex-Chef der Premierkanzlei unter Druck
Beobachtern zufolge bringt das Urteil den ehemaligen Chef der Premierkanzlei, Tomasz Arabski, der für die Organisation des Fluges nach Smolensk verantwortlich war, unter Druck. Er bewirbt sich derzeit für den Posten des polnischen Botschafters in Madrid. Die Oberste Kontrollkammer (NIK) kam im März 2012 zum Schluss, dass der tragische Flug der polnischen Regierungsmaschine nach Smolensk im April 2010 nicht hätte zustande kommen dürfen.
Die NIK stellte in einem Bericht fest, dass in der Organisation des Prominententransports klare Vorschriften fehlten und die existierenden nicht eingehalten wurden. Deshalb machten laut NIK einzelne Staatsinstitutionen (u.a. Premier-, Präsidial- und Parlamentskanzleien, Außen-, Innen- und Verteidigungsministerien, das Kommando der Luftwaffe und das Büro für den Schutz der Regierung, BOR), die in verschiedenem Maß an der Organisation der Reisen der wichtigsten Staatsbeamten beteiligt waren, zahlreiche Fehler. Der Mangel an konkreten Vorschriften erschwerte insbesondere die Zusammenarbeit der Institutionen.
NIK kam jedoch zum Schluss, dass die Premierkanzlei für die Organisation des Prominententransports verantwortlich war und in erster Linie sie am Chaos schuld sei.
Smolensk-Unglück
Bei dem Flugzeugabsturz vor der westrussischen Stadt Smolensk waren am 10. April 2010 alle 96 Insassen der Maschine ums Leben gekommen, darunter der polnische Staatspräsident Lech Kaczynski, dessen Ehefrau und zahlreiche weitere hohe Staatsfunktionäre. Die polnische Regierungskommission, die im Juli 2011 ihren Bericht veröffentlichte, sieht Fehler der Piloten als wesentliche Ursache für den Absturz.
(APA)