Der Berufungsprozess könnte in der zweiten Jahreshälfte beginnen. Knox könnte ihre Strafe auch in den USA absitzen. Ihr Buch erscheint Ende April.
Die US-Studentin AmandaKnox und ihr Ex-Freund Raffaele Sollecito müssen nicht wieder ins Gefängnis, nachdem das Kassationsgericht in Rom am Dienstag ihren Freispruch im Prozess um den Mord an der britischen Austauschstudentin Meredith Kercher aufgehoben hat. Ein Antrag auf Verhaftung könnten die Staatsanwälte nur im Fall einer letztinstanzlichen Verurteilung einreichen. Da Knox und Sollecito im Oktober 2011 in Perugia zweitinstanzlich freigesprochen worden waren, bleiben sie auf freiem Fuß.
Nach Angaben der Rechtsanwälte von AmandaKnox könnte das Berufungsverfahren nach dem Sommer beginnen. Innerhalb der nächsten 90 Tage muss die Urteilsbegründung des Kassationsgerichts veröffentlicht werden. Erst danach kann ein Termin für den Prozessbeginn bestimmt werden. Das Verfahren vor einem Schwurgericht in Florenz könnte in der zweiten Jahreshälfte 2013 beginnen, verlautete es aus Justizkreisen.
Auslieferung? Entscheidung der USA
Laut Amandas Rechtsanwalt Carlo Della Vedova könnte seine Mandantin lediglich nach Italien ausgeliefert werden, wenn sie beim Berufungsprozess in Florenz für den Mord an Meredith Kercher für schuldig erklärt und dieses Urteil vom Kassationsgericht letztinstanzlich bestätigt würde. Die USA müssten in diesem Fall beschließen, ob sie Knox an Italien ausliefern wollen. Zwischen Italien und den USA besteht seit Oktober 1983 ein Auslieferungsabkommen. Die italienischen Justizbehörden könnten sich jedoch mit den USA einigen und Amanda die Haftstrafe in ihrer Heimat absitzen lassen. Nach der erstinstanzlichen Verurteilung von 26 Jahren Haft hatte Knox bereits vier Jahre in Perugia hinter Gittern verbracht. Derzeit studiert sie in Washington an der Universität.
Auch für Raffaele Sollecito gilt, dass er auf freiem Fuß bleibt, und zwar so lange, bis er vom Kassationsgericht in letzter Instanz zu einer Haftstrafe verurteilt wird. Sollecito, der erstinstanzlich zu 25 Jahren Haft verurteilt und dann freigesprochen worden war, studiert an der Universität in Verona.
Merediths Schwester Stephanie begrüßte indes den Beschluss des Kassationsgerichts. "In Merediths Namen muss man Klarheit über das schaffen, was sich in jener Nacht in Perugia abgespielt hat. Das ist alles, was wir jetzt für sie noch tun können", sagte Stephanie Kercher.
Medienhype ungebrochen
Die vielen Fragezeichen im Mordfall Kercher und die zur Marke gewordene, gutaussehende Verdächtige Amanda Knox ("Engel mit den Eisaugen") sorgen für eine große internationale Aufmerksamkeit. Das Opfer stammt aus Großbritannien, Knox aus den USA, der Mord geschah in Italien - Medieninteresse aus diesen Ländern garantiert. Ein gutes Timing bewies der US-Sender ABC, der die Ausstrahlung eines Exklusivinterviews mit Knox für den 30. April angekündigt hat.
>> Knox und die Medien: Ingredienzien für einen Buchhit
Am selben Tag soll auch Knox' Buch erschienen ("Waiting to be Heard"). Nach dem Buch des Ex-Freunds und dem Buch des Vaters des Opfers publiziert nun auch Knox ihre Sichtweise der Dinge. Die Verfahrens- und Anwaltskosten müssen schließlich bezahlt werden. Laut "New York Times" zahlt der Verlag HarperCollins rund vier Millionen Dollar für das Buch.
(APA)