EZB diskutiert Zinssenkung: "Nur wenig Munition übrig"

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Der Leitzins verharrt auf einem Rekord von 0,75 Prozent. Nun schürt der portugiesische EZB-Vize die Erwartungen auf eine weitere Zinssenkung. Doch andere Ratsmitglieder und Wirtschaftsinstitute sind skeptisch.

Die Inflation sinkt, die Wirtschaft in der Eurozone schwächelt weiterhin: Obwohl der Leitzins bereits auf einem Rekordtief von 0,75 Prozent liegt, wird in der Europäischen Zentralbank (EZB) nun über eine Senkung auf 0,5 Prozent debattiert. So sieht etwa der portugiesische EZB-Vizechef Vitor Constancio einen niedrigeren Zinssatz im Bereich des Möglichen. Der Stellvertreter von EZB-Präsident Mario Draghi meinte gegenüber der Finanzagentur MNI, die Jahresteuerung gehe "ziemlich deutlich" nach unten. "Und das ist natürlich ein wichtiger Faktor für uns, da der Inflation das Hauptaugenmerk gilt."

Das primäre Mandat der Zentralbank ist es, stabile Preise zu gewährleisten. Die Teuerungsrate der Eurozone war im März so gering wie seit August 2010 nicht mehr. Mit 1,7 Prozent lag die Jahresteuerung deutlich unter der Zielmarke von knapp 2,0 Prozent, bei der die EZB Preisstabilität gewährleistet sieht. Dadurch haben die Notenbanker noch etwas Spielraum für eine geldpolitische Lockerung zum Anschieben der lahmen Wirtschaft. Die nächsten Zinssitzung findet am 2. Mai statt.

Deutsche Wirtschaftsinstitute gegen Senkung

EZB-Ratsmitglied Klaas Knot steht einer baldigen Senkung skeptisch gegenüber: "Wir haben nur noch wenig Munition übrig und müssen uns daher fragen, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist", zitiert „Bloomberg" den niederländischen Notenbankchef. Auch die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute raten der EZB in ihrem Frühjahrsgutachten von einer Senkung ab, da ein konjunkturstimulierender Effekt fraglich sei. Die Darlehenszinsen in den Krisenländern dürften dadurch kaum sinken, da das Kreditangebot erheblich beschränkt sei. Auch die Geldmarktzinsen, die bereits nahe bei Null liegen, ließen sich nach Einschätzung der Institute nicht nennenswert verändern.

IWF-Chefin Christine Lagarde kann einer Zinssenkung dagegen sehr wohl etwas abgewinnen. Die EZB habe noch immer etwas Spielraum, meinte sie vor wenigen Wochen. Zudem sprach sie sich für eine höhere Inflation und kräftigere Einkommenszuwächse in Deutschland als Beitrag zur Stärkung der Erholung in der Eurozone aus ("DiePresse.com" berichtete).

Leitzinsen im Vergleich

Eurozone 0,75 Prozent
USA 0,25 Prozent
Japan 0,10 Prozent

(APA/Reuters)

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