IWF: "Lockere Geldpolitik reicht nicht“

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Lockere Geldpolitik reicht nichtldquo(c) REUTERS (YURI GRIPAS)
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Finanzpolitiker suchten am Wochenende nach Wegen aus der Wirtschaftsflaute. Dass Gelddrucken allein nicht reiche, sagten fast alle. Sonst gab es wenig Einigkeit.

Washington/Reuters/Dpa/Red. Eine lockere Geldpolitik allein reiche nicht aus, um global mehr Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen: So lautete der Tenor auf dem Frühjahrstreffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Wochenende in Washington. Zumindest in diesem Punkt waren sich die IWF-Experten und die führenden Finanzpolitiker einig.

Bei den Details spießte es sich dann doch: Soll man die lockere Geldpolitik durch zusätzliche konjunkturstimulierende Maßnahmen ergänzen? Oder soll man vielmehr auf das Sparen nicht vergessen? Sollte man langsam versuchen, bei der Geldpolitik eine Trendwende herbeizuführen? Oder den bisherigen Kurs beibehalten?

Schäuble plädiert für Sparen

Der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) betonte die Dringlichkeit der Sanierung der Staatsfinanzen. „Die Rückführung der Haushaltsdefizite ist ein absolutes Muss“, sagte er. Die Notenbanken könnten nur vorübergehend helfen. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnte: „Es ist klar, dass die Risken der ultra-expansiven Geldpolitik zunehmen, je länger diese andauert.“ Schäuble machte darüber hinaus deutlich, es sei „völlig unrealistisch“, von Europa in den nächsten Jahren hohes Wachstum zu erwarten. Die Euroländer hätten mit ihren Fortschritten bei der Krisenbewältigung das Ihre dazu getan. „Wir haben ein Stück weit Vertrauen zurückgewonnen, wir sind dabei, Stabilität zu liefern“, sagte Schäuble.

US-Finanzminister Jacob Lew sieht das anders: In Europa müssten vor allem Länder mit Leistungsbilanzüberschüssen wie Deutschland die Binnennachfrage erhöhen und mehr für das Wachstum tun, erklärte er im IWF-Lenkungsausschuss IMFC. Zugleich forderte Lew von China, den Wechselkurs seiner Währung noch flexibler zu machen. China wiederum übte Kritik an der expansiven Geldpolitik der westlichen Notenbanken. Zentralbank-Chef Zhou Xiaochuan riet den Ländern, „den marginalen Nutzen und die hohen Kosten“ ihres Kurses zu prüfen. Auf Dauer könne dieser der Stabilität des Weltwährungssystems schaden.

Infolge der Finanzkrise haben Notenbanken wie die US-amerikanische Fed und die EZB die Zinsen massiv gesenkt, Banken mit billigem Geld versorgt oder Staatsanleihen in großem Stil gekauft, um den Märkten Liquidität bereitzustellen und den Staaten beim Schuldenabbau zu helfen. Nachdem zuletzt die japanische Zentralbank massiv die Liquidität erhöht hat, sind besorgte Stimmen die Konsequenzen betreffend lauter geworden: Dazu gehören Inflation, Spekulationsblasen und schwankende Rohstoffpreise.

IWF: Geldpolitik ist angemessen

IWF-Chefin Christine Lagarde wertete die lockere Geldpolitik als derzeit angemessen. Sie forderte allerdings, die Nebenwirkungen für andere Länder– etwa massive Kapitalzuflüsse– im Auge zu behalten und ernst zu nehmen.

Um Wachstum zu schaffen, gebe es nicht nur eine einzige Waffe, meinte Singapurs Minister Tharman Shanmugaratnam, der Vorsitzende des Komitees. Eine Mischung verschiedener Maßnahmen sei nötig. Man einigte sich schließlich auf einen Kompromiss. In der Erklärung des IMFC hieß es: „Wir müssen entschieden handeln, um einen nachhaltigen Aufschwung zu fördern und die Widerstandskraft der Weltwirtschaft zu stärken.“ Eine mittelfristige, glaubwürdige Sparpolitik sei unentbehrlich. Ein starker Defizitabbau in kurzer Zeit sei hingegen nicht hilfreich. Ein „übermäßiges Vertrauen in Geldpolitik“ sollte vermieden werden. Ein Ende der Niedrigzinsen, wenn es soweit sei, müsse „vorsichtig durchgeführt und klar kommuniziert werden“.

Der IWF will zudem eventuelle Negativfolgen der extrem lockeren Geldpolitik untersuchen. Dabei sollten auch mögliche ungefährliche Auswege der Notenbanken aus den unkonventionellen Maßnahmen der Geldpolitik gefunden werden, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2013)

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