Klima im Wandel

Höhlenforschung: Aus den Tiefen der Berge kommen Daten ans Tageslicht

Die Spannagelhöhle ist für Touristen wegen der Marmorstrukturen spannend. Die Forschung nutzt die Ablagerungen der Tropfsteine.
Die Spannagelhöhle ist für Touristen wegen der Marmorstrukturen spannend. Die Forschung nutzt die Ablagerungen der Tropfsteine.UIBK/Robbie Shone
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Dunkel und kalt ist es in Höhlen. Sie sind weniger gut untersucht als die restliche Erdoberfläche. Innsbrucker Forschende zeichnen mit Proben aus Eis und Tropfsteinen das Klima vergangener Jahrtausende nach.

Bei all den Tipps, wie man der Hitze des Sommers entflieht, tauchen stets Ausflüge zu Höhlen auf, von der Seegrotte Hinterbrühl bis zur Eisriesenwelt in Werfen. Christoph Spötl von der Uni Innsbruck ist beruflich regelmäßig an solch kühlen Orten, er leitet die Quartär-Forschungsgruppe, die sich mit Klimadynamiken im Quartär beschäftigt, also der Zeit von vor 2,6 Millionen Jahren bis heute.

Die Höhlenforschung hat den Geologen während seiner Postdoc-Zeit in den USA begeistert, woraufhin Spötl bei der Rückkehr nach Österreich Ende der 1990er-Jahre begann, dieses Fach auch hier auf wissenschaftlich starke Beine zu stellen.

„Es gibt rund 2000 Höhlenforscherinnen und -forscher in Österreich, die meisten machen das neben einem Bürojob als Bürgerwissenschaftler und sind Experten für ihre Region. Diese Community ist sehr offen und stark an Forschungsergebnissen interessiert“, schwärmt Spötl.

„Mit Proben aus Eishöhlen kommt man in Österreich etwa 5000 Jahre zurück, also bis zu der Zeit, in der Ötzi gelebt hat. Das ist circa die Hälfte der Periode, in der wir bis heute ein ähnliches Klima hatten und haben – mit all seinen Schwankungen“, sagt Spötl. Im Eis von oberirdischen Gletschern sind hingegen weniger Jahre gespeichert, da sich diese stets verändern. „Eis fließt wie Honig, wenn man es sich im Zeitraffer ansieht. Daher ist das Eis in den meisten Gletschern im Schnitt nur ein paar Hundert Jahre alt.“

Rückgänge so schnell wie nie

In der Dissertation von Tanguy Racine dokumentierten die Innsbrucker Geologen mit einer britischen Kollegin Ende 2022 in Scientific Reports die Eiszuwächse und -verluste in acht österreichischen Eishöhlen. In den 2000 Jahren Klimageschichte, die hier aufgezeichnet wurde, gab es nie so schnelle Rückgänge in den Eismassen wie in den jüngsten Jahrzehnten. Aus Sorge, dass diese wertvollen Archive ganz verschwinden könnten, wenn die Temperaturen weiter steigen, möchten die Forschenden um Spötl Eisbohrkerne aus den Höhlen sichern und dauerhaft für künftige Forschergenerationen einlagern. Doch dazu fehlt derzeit noch die Finanzierung.

Für viele andere Forschungsprojekte wird das Innsbrucker Team aber vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützt, nicht nur, um das Wissen aus dem Eis zu erforschen, sondern auch aus Tropfsteinen auf der ganzen Welt. Speläotheme heißen die schönen Strukturen, die jeder aus dem Schulunterricht kennt (Stalaktiten hängen, Stalagmiten stehen). Die Kalkgebilde entstehen durch Niederschlagswasser, das durch Bodenschichten in den Untergrund versickert.

Stalagmiten: Das beste Archiv

„Als Archiv mit hochgenauer Datierung eignen sich die Stalagmiten am besten, da ihre Schichten regelmäßig aufgebaut sind, ähnlich denen eines Baumstamms“, erklärt Spötl. In Österreich reichen diese in Tropfsteinen gespeicherten Archive zwar nicht bis zur Zeit der Dinosaurier zurück (vor 66 Millionen Jahren ausgestorben), aber doch einige Millionen Jahre, was dem typischen Alter von Höhlen in den Alpen entspricht. „Bei der Altersbestimmung sind wir aber durch eine physikalische Grenze limitiert, und zwar auf 600.000 bis 700.000 Jahre“, erklärt Spötl.

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