„Imagekampagne“: Rechnungshof kritisiert Inserate Berlakovichs

BM BERLAKOVICH AUF ARBEITSBESUCH IN DEN USA
BM BERLAKOVICH AUF ARBEITSBESUCH IN DEN USAAPA
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Prüfer sehen bei Anzeigen den Bezug zum Ministerium nicht genug gegeben. Auch die Homepage sei problematisch.

Wien. Im Jahr 2010 hatte Nikolaus Berlakovich noch gut lachen. Zumindest auf einer Reihe von Fotos. Seit zwei Jahren Agrar- und Umweltminister der ÖVP in der rot-schwarzen Regierung, war er damals auf 94 Prozent aller Schaltungen des „Lebensministeriums“ in Printmedien zu finden: Dieser endgültige Befund des Rechnungshofs in seinem Bericht von gestern, Dienstag, macht Berlakovich nun aber eher Sorgen- als Lachfalten.

Denn immerhin stellt das Kontrollorgan des Bundes auch fest: Kaum ein Inserat der Jahre 2006 bis 2011, also vor allem unter Berlakovichs Führung, lasse einen „konkreten Bezug zu den Aufgaben des Bundesministeriums“ erkennen. Beispiel: Die Kampagne „Genuss Region Österreich“ sei mit keinen „konkreten Wirkungszielen“ verbunden gewesen. Oder: Advertorials – also die redaktionelle Aufmachung von Werbung – wie etwa „Unsere Bauern bringen's“ seien oft „sehr allgemein gehalten“ gewesen – zu allgemein für das Ministerium.

„Untergeordnete Reichweite“

Dabei hat das Ressort – und damit der Steuerzahler – für die Schaltungen tief in die Tasche gegriffen; offenbar, um vor allem eines oder vielmehr einen zu promoten: Nikolaus Berlakovich. Die Inserate sind offenbar auch nur Teil einer PR-Maschinerie des Ministeriums: Bei insgesamt 29 Millionen Euro setzt der Rechnungshof die Gesamtkosten des Ressorts für Öffentlichkeitsarbeit – von Pressetexten und -konferenzen bis zu Anzeigen – in den untersuchten sechs Jahren an.

Man habe den „Eindruck einer Imagekampagne des Bundesministers“ gewonnen, schrieben die Prüfer. In den Jahren 2006 (noch unter Minister Josef Pröll) bis 2011 kosteten die Schaltungen des Ressorts in Printmedien 13 Millionen Euro, so der Rechnungshof. Und damit nicht genug seiner Kritik: Ein Teil davon erfolgte in „Printmedien mit untergeordneter oder nicht bekannter Reichweite“, bestätigte das Kontrollorgan einen Vorabbericht der „Presse“ zur Problemlage aus dem Vorjahr. Jene Medien bezeichnet der Rechnungshof anonymisiert als „N“ und „O“, auf die zwischen 60 und 89 Prozent des Volumens entfallen seien. Übersetzt heißt das wohl: Jedenfalls die „Österreichische Bauernzeitung“, deren Haupteigentümer der ÖVP-Bauernbund ist, und Gerüchten zufolge auch „Blick ins Land“, das sich unabhängig nennt, haben profitiert.

Berlakovich, selbst ein Bauernbündler, musste schon im Oktober 2012 im Korruptionsuntersuchungsausschuss des Nationalrats zum Thema „Inserate“ Auskunft geben. Der Ressortchef konnte – oder wollte – damals aber nicht über die Eigentumsverhältnisse von „Bauernzeitung“ und „Blick ins Land“ informieren. Auch die Reichweiten ließ der Minister links liegen. Sie sind in beiden Fällen eher bescheiden: Die „Bauernzeitung“ kam im Vorjahr auf 137.000 Stück verbreitete Auflage, „Blick ins Land“ kommt eigenen Angaben zufolge auf 154.000 Exemplare. Für Berlakovich kein Grund zur Aufregung: Ihm sei es darum gegangen, in den „Leitmedien“ für die Bauern zu inserieren – und was nütze es, wenn er etwa über die U-Bahn-Zeitung die Masse, nicht aber seine Zielgruppe erreiche?

Diese Verteidigungslinie verfolgte der Minister auch am Dienstag; außerdem seien Fotos seiner selbst bis zum Vorjahr auf Inseraten erlaubt gewesen. Erst seit dem Medientransparenzgesetz vom Juli 2012 gilt ein Verbot, das man einhalte. „Wir haben uns immer schon an Gesetze gehalten.“

In Erklärungsnot ist der Minister auch in Sachen Homepage: Auf mehreren Seiten kritisiert der Rechnungshof, dass ein Auftrag für den Relaunch der Seite (www.lebensministerium.at) ohne Ausschreibung vergeben worden ist und die Leistungen zu teuer gewesen seien. 4,4 Millionen Euro kosteten die Dienste, die das Land- und forstwirtschaftliche Rechenzentrum (LFRZ GmbH) 2011 erbracht hat. Das Ressort verteidigt die direkte Vergabe, immerhin gehöre die LFRZ GmbH zum Ministerium. Der Rechnungshof differenziert: Die GmbH gehöre zu einem Verein, in dem nicht nur Vertreter des Ressorts säßen.

Auch, dass das Ministerium von 2001 bis 2011 67 Millionen für IT-Leistungen an die LFRZ GmbH bezahlt hat, sei bedenklich: Die Innenrevision sei nicht eingebunden worden – und die hauseigene IT-Abteilung zu spät.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2013)

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