Das Comeback des "Richelieu" aus Teheran

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Im Iran wartete Ex-Präsident Ali Akhbar Hashemi Rafsanjani bis zuletzt, ehe er seine erneute Kandidatur für die Präsidentenwahlen am 14. Juni verkündete. Vorher holte er sich den Segen des obersten geistlichen Führers.

Bis zur buchstäblich letzten Minute ließ sich die graue Eminenz der iranischen Politik Zeit mit der Ankündigung seiner Kandidatur. Ayatollah Ali Akbar Hashemi Rafsanjani ließ seinen Rivalen galant den Vortritt: Nur Stunden, bevor die Bewerbungsfrist für das Amt des iranischen Präsidenten am Samstag um 18 Uhr Ortszeit auslief, stiegen nacheinander Ex-Außenminister Ali Akbar Velayati und Saeed Jalili, der Chef-Unterhändler in Atomfragen, als Anwärter in den Ring – nebst dem Teheraner Bürgermeister, dem Ex-Parlamentspräsidenten und dem Ahmadinejad-Intimus Esfandiar Rahim Masshaei sowie Dutzenden anderen Zählkandidaten, die sich bereits zuvor erklärt hatten und die die Gunst der Mullahs genießen.

In Teheran stieg unterdessen die Spannung. Würde Rafsanjani, der 78-jährige Veteran, versiert in unzähligen Rankünen, ein politischer Überlebenskünstler ersten Ranges und dazu steinreicher Multi-Funktionär des Mullah-Regimes, noch einmal für das höchste Amt im Staate – wenngleich nicht das mächtigste – antreten? Im Vorfeld hatte der Ex-Präsident Signale in alle Richtungen ausgesandt. Seine Frau winkte ab, seine Tochter ließ freilich durchblicken, dass er es noch einmal wissen wolle.

Den „Segen“ des obersten geistlichen Führers, Ali Khamenei, hatte er bereits bei einer „Audienz“ in den vergangenen Tagen in dessen Residenz eingeholt. Alles andere wäre kontraproduktiv für das Land, teilte Rafsanjani mit. Die beiden hatten sich im Laufe der Jahre sukzessive voneinander distanziert. Dass Rafsanjani mit der Opposition liebäugelte, missfiel Khamenei, der letzten Instanz in politischen Fragen. Womöglich war dies allerdings auch nur ein Doppelspiel des Ex-Präsidenten, in dem er in den mehr als drei Jahrzehnten der Mullah-Herrschaft eine wahre Meisterschaft erlangt hatte. Ob als Reformer, ob als Hardliner: Keiner bewegt sich so fließend zwischen den Fronten wie der „iranische Richelieu“, dem seine Landsleute den Beinamen „Hai“ verpasst haben.

Als Taktiker der Macht ging er nie unter, stets schwamm er obenauf – und mehrte so sein Vermögen, das mittlerweile die Dollar-Milliarde überschritten hat, wie Insider raunen. Seine Familie erwarb ihren Wohlstand mit Pistazien-Plantagen in der Provinz Kerman. Er selbst studierte Theologie an der Elite-Schmiede Ghom, wo er zum Schüler und Gefolgsmann des Ayatollah Khomeini heranwuchs.

Während dessen Exils in Paris und mehr noch nach dessen Rückkehr nach Teheran 1979 agierte er als raffinierter Drahtzieher – als Innenminister oder im Wächterrat. Bei seinem Amtsantritt als Präsident 1989, unmittelbar nach dem Tod seines Mentors Khomeini, galt Rafsanjani dem Westen schließlich sogar als Hoffnungsträger, als pragmatischer – um nicht zu sagen – als wendiger Reformer. Als Parlamentspräsident hatte er sich den Ruf eines Liberalen eingehandelt. Doch die Hoffnungen trogen.

2005 bewarb sich Rafsanjani wieder als Präsident, doch er unterlag dem späteren Sieger, Mahmud Ahmadinejad. Jetzt verbindet sich mit seiner Kandidatur erneut die zaghafte Hoffnung einer Entschärfung im Atomstreit, der unter Ahmadinejad eskaliert war. Über dem Iran schwebt die Drohung eines Präventivschlags Israels, der Ausgang der Präsidentenwahlen im Iran am 14. Juni könnten vielleicht Auskunft geben über den weiteren Kurs Teherans.

Rafsanjani mobilisierte die Unterstützung einer Galionsfigur des Reformlagers, des Ex-Präsidenten Khatami, der im Westen die Reputation des sanften Mullahs genoss. Für Samstagnachmittag lud der gewiefte Rafsanjani Journalisten in sein Büro –per SMS. Sie sollten eine Blume mitbringen, ließ er ihnen mysteriös ausrichten. Und als es schließlich soweit war, lächelte er verschmitzt und winkte in die Kameras.

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