Ruby-Prozess: "System zu Berlusconis Befriedigung"

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RubyProzess System Berlusconis Befriedigung(c) EPA (ETTORE FERRARI)
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Die Staatsanwältin attackierte den Ex-Premier im Schlussplädoyer. Er habe ein "Prostitutionssystem zu seiner Befriedigung" aufgebaut. Sie fordert eine sechsjährige Haftstrafe.

Die Mailänder Staatsanwältin Ilda Boccassini hat am Montag im Rahmen des sogenannten "Ruby"-Prozesses gegen Silvio Berlusconi eine sechsjährige Haftstrafe für den Medienzar gefordert. Sie verlangte auch einen lebenslangen Ausschluss Berlusconis aus allen öffentlichen Ämtern. Der 76-Jährige sei wegen Amtsmissbrauchs zu fünf Jahren Haft zu verurteilen, so die Staatsanwältin. Wegen Sex mit der minderjährigen Marokkanerin Karima El Marough alias "Ruby Herzensbrecherin" im Jahr 2010 forderte Boccassini ein zusätzliches Jahr Haft. Es sei unbestreitbar, dass Berlusconi die damals 17-jährige Ruby für Sex mit ihm bezahlt habe. Das Plädoyer der Verteidigung ist am 3. Juni geplant, mit einem Urteil in dem seit April 2011 laufenden Verfahren ist am 24. Juni zu rechnen.

Die Staatsanwaltschaft wirft Berlusconi Amtsmissbrauch vor, weil er "Ruby" im Frühjahr 2010 mit einem Anruf in Mailand vor Schwierigkeiten mit der Justiz bewahren wollte, nachdem die junge Frau wegen Diebstahls angezeigt worden war. Berlusconi gab an, er habe sie für eine Verwandte des damaligen ägyptischen Staatspräsidenten Hosni Mubarak gehalten und diplomatische internationale Verwicklungen vermeiden wollen, was laut Boccassini total unglaubwürdig ist.

"Keine Zweifel, dass Ruby Prostituierte war"

Der Medienzar habe Ruby 4,5 Millionen Euro gezahlt, behauptete Boccassini. Dies sei aus abgehörten Telefongesprächen, sowie aus den Summen hervorgegangen, die Berlusconi von seinen Bankkonten abgehoben habe. Berlusconi wusste genau, dass die junge Marokkanerin minderjährig war, als er mit ihr Sex hatte. Boccassini meinte, in Berlusconis Villa in Arcore bei Mailand sei ein „Prostitutionssystem zur Befriedigung des Expremiers" aufgebaut worden. „Es bestehen keine Zweifel, dass Ruby eine Prostituierte war", betonte die Staatsanwältin.

Die Staatsanwältin beschrieb Ruby in ihrem Plädoyer als „intelligentes und schlaues Mädchen", das wie viele Jugendliche in das Showbusiness einsteigen wollte, um über kurze Wege zu Geld zu gelangen. Die junge Marokkanerin, die in ärmeren Verhältnissen aufgewachsen war, sei ein Opfer eines „negativen italienischen Erfolgstraums" gewesen.

Die Staatsanwältin warf Berlusconi vor, bei seinen Aussagen vor Gericht gelogen zu haben. Einige Zeugen, darunter junge Frauen, die sich an Partys in der Villa des TV-Tycoons beteiligt hatten, seien zu Falschaussagen gezwungen worden, erklärte Boccassini.

Berlusconis Rechtsanwalt Nicolo Ghedini reagierte empört. Er bezeichnete die Strafforderung der Staatsanwältin als „sehr hoch" und als absolut unbegründet. Die Vertrauensleute Berlusconis zeigten sich mit dem Medienzaren solidarisch. „Ich bin überzeugt, dass Berlusconi seine Unschuld beweisen wird", so die Berlusconi-Parlamentarierin und Landwirtschaftsministerin Nunzia De Girolamo.

Canale 5, der größte TV-Kanal Berlusconis, sendete am Sonntagabend einen Dokumentarfilm zum heiklen Fall Ruby. Darin verteidigte sich der Großunternehmer vor den Vorwürfen der Justizbehörden. Im Rahmen des Dokumentarfilms wurde auch Ruby interviewt, die jeglichen sexuellen Kontakt zum Ex-Premier bestritt. Sie habe 57.000 Euro von Berlusconi erhalten, weil dieser ihr helfen wollte, einen Schönheitssalon zu eröffnen. „Mit dem Geld, das ich von Berlusconi erhalten habe, habe ich keinen Schönheitssalon eröffnet, wie ich gehofft hatte. Die Summe hat mir aber geholfen, über ein Jahr lang ordentlich zu leben", betonte Ruby.

Am vergangenen Mittwoch war Berlusconi wegen Steuerbetrugs zweitinstanzlich zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Am Samstag war es daraufhin zu einer Solidaritätskundgebung von Berlusconi-Anhängern in der lombardischen Stadt Brescia gekommen.

(APA)

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