Pschill: „Es war unsere private Seifenoper“

Pschill
Pschill (c) Michaela Bruckberger
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Alexander Pschill inszeniert sein erstes Stück. In einem Architekturbüro, mit seiner Freundin, Requisiten der Eltern und „verrückten“ Darstellern.

Bei der Vorpremiere am Sonntag war Alexander Pschill nicht dabei. Er saß im Beisl; vergessen war, dass er für die Theateraufführung als Türsteher fungieren sollte – er war zu aufgeregt und musste „weiter weg“.

Es ist das erste Mal, dass der Serien- und Josefstadt-Star so richtig Regie geführt hat. „Ich hatte“, sagt Pschill, „das Bedürfnis, etwas auf die Beine zu stellen, etwas allein zu machen.“ Seine Freundin Kaja Dymnicki, die Bühnengestaltung studiert, auch. „Wir hatten gleichzeitig den Wunsch, einmal selbst zu entscheiden und keine Regeln zu befolgen.“

Wer etwas ganz allein machen will, hat freilich auch kein Theater. Gemeinsam sind Pschill und Dymnicki durch die Straßen gezogen, auf der Suche nach einem leer stehenden Lokal. Bis Pschill seiner Schwester, einer Architektin, von der Idee erzählte. Sie bot umgehend ihr altes Büro an.

Ab heute, Mittwoch, ist nun in diesem Architekturbüro in der Gumpendorfer Straße Arthur Schnitzlers Werk „Das weite Land“ zu sehen. Ein Lieblingsstück der beiden, und eines, das „noch viel hergibt“, glaubt Pschill. „Es ist ein Irrglaube, dass solche Stücke unantastbare Heiligtümer sind. Sie sind Heiligtümer, aber nicht unantastbar. Es ist wie ein Musikstück, das man toll verjazzen kann.“ Also gibt es keinen „schnitzlerhaften“ Ton, dafür junge Schauspieler mit viel Freiheit und zwei bespielte Räume, die man in der Pause erkunden kann. Inspiriert von einem New Yorker Lagerhausprojekt mit 90Räumen haben Pschill und Dymnicki ein Jahrhundertwende-Wohnzimmer und eine Arztpraxis mit Skelett und eingelegten Präparaten eingerichtet, aus dem Fundus von Eltern und Bekannten bestückt. Selbst die Stühle haben sie mit dem winzigen Auto einer Mitbewohnerin („kaum größer als ein Fahrrad“) selbst hertransportiert.

Als schwieriger entpuppte sich die Koordination der Schauspieler. „13Wahnsinnige. Einer verrückter und eigenwilliger als der andere“, sagt Pschill. „Es war unsere private kleine Seifenoper, es war immer was los.“ Er verstehe jetzt auch, „welch schreckliche Brut wir Schauspieler sind, zornig und eitel und liebesbedürftig und süß“. Zumal rund um den Schnitzler-Text die Emotionen geflogen seien, „Anziehungen und das Gegenteil davon“. Und jeden Abend, gestehen die beiden Neo-Regisseure, hätten sie ihre Darsteller persifliert. Hört man da überhaupt noch auf, über die Arbeit zu reden? „Nein“, sagen beide. „Wir mussten uns stumm stellen, abschalten, indem wir den Fernseher eingeschaltet haben.“ „Californication“, „Game of Thrones“, „Kommissarin Lund“.


Apropos Seifenoper: Im Architekturbüro kreist „Das weite Land“ um den „Society-Virtuosen“ Alexei Korsakow, der heute „wohl so etwas wie ein aufstrebender Rockstar wäre“, und um dessen Ableben mit 27, dem berühmten Alter, in dem auch Jimi Hendrix oder Kurt Cobain aus dem Leben schieden. Letzterer allerdings erst, nachdem Pschill in seiner Nähe in Seattle studiert hatte. „Ärgerlich“, sagt Pschill, „damals war ich überhaupt kein Grunge-Fan, heute schon. Ich war nie mit, als meine Freunde in die Bars gegangen sind, um Nirvana zu sehen. Cobain war nur ein paar Straßen weiter in der Kneipe. Es war mir völlig wurscht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2013)

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