Schlecker-Nachfolger dayli schließt 180 Filialen

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dayli-Filiale Die Presse (Clemens Fabry)
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560 Mitarbeiter verlieren ihren Job. Turbulenzen rund um die Sonntagsöffnung und "massive negative Berichterstattung" haben einer Aussendung zufolge ungeplante Verluste in zweistelliger Millionenhöhe verursacht.

Der Schlecker-Nachfolgegesellschaft dayli wird rund 180 der 885 Filialen in Österreich zusperren. 560 Mitarbeiter verlieren ihren Job und wurden bereits beim AMS angemeldet. Das Verteilerzentrum Gröbming in der Obersteiermark mit derzeit 68 Mitarbeitern wird ebenfalls geschlossen. Die Auslieferung für ganz Österreich wird vom Logistikcenter in Pöchlarn/NÖ übernommen.

Seit dem Start vor knapp einem Jahr weht dayli ein rauer Wind entgegen. Die Turbulenzen um die Sonntagsöffnung haben dem Unternehmen angeblich "ungeplante Verluste" in zweistelliger Millionenhöhe beschert, wie dayli Mittwochnachmittag mitteilte. dayli wollte mit Hilfe einer Gastronomiekonzession am Sonntag an allen Standorten aufsperren. Aber der Plan ging nicht auf. Die Gewerkschaft bombardierte Dayli mit Klagen. Schließlich schaltete sich Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) ein und brachte kurzfristig eine Anpassung der Gewerbeordnung auf den Weg. (>>> mehr dazu)

Novomatic nach sechs Monaten ausgestiegen

Doch das ist noch nicht alles: Erst vor kurzem wurde bekannt, dass nach nur sechs Monaten die Glücksspielkette Novomatic als Investor wieder aussteigt. dayli-Eigentümer Rudolf Haberleitner erklärte daraufhin im "Presse"-Interview, dass er 100 Filialen zusperren muss, wenn er keinen neuen Investor findet. Jetzt sind es 80 Niederlassungen mehr geworden - jede fünfte Filiale soll geschlossen werden. Um welche Standorte es geht, ist noch nicht bekannt.

Haberleitners Pläne sahen ursprünglich etwas anders aus: Er kündigte an, bereits im kommenden Jahr 100 neue Geschäfte in Österreich zu eröffnen und 1000 neue Mitarbeiter einzustellen.

dayli: Wiedereinstellung möglich

Derzeit liefen Verhandlungen mit Partnern sowie mit ausländischen Banken und Warenkreditversicherern. Sollten diese Gespräche positiv ausgehen, werde durch die vorgesehene Expansion die Wiedereinstellung der gekündigten Mitarbeiter möglich sein, so dayli.

Mit Kritik an den Medien wird in der Presseaussendung jedenfalls nicht gespart: "Nicht zuletzt auch durch massive negative und unrichtige Berichterstattungen gegen dayli" sei die Geschäftsführung dazu gezwungen worden, im Konzern Restrukturierungsmaßnahmen "mit sofortiger Wirkung" einzuleiten.

GPA: "Konzept auf Rechtsbruch aufgebaut"

Die Gewerkschaft gibt sich in der Diskussion um die Sonntagsöffnung unterdessen unbeeindruckt: "Wenn jemand ein Konzept auf Rechtsbruch und fragwürdigen Grauzonen aufbaut, darf er sich nicht wundern", so Karl Proyer von der GPA-djp. Haberleitner solle jetzt die "Verantwortung für die Beschäftigten übernehmen und seine Polemiken unterlassen".

Die Gewerkschaft sichere "volle Unterstützung" für Maßnahmen wie eine Arbeitsstiftung oder einen Sozialplan zu. Noch wurden keine Kündigungen ausgesprochen, die Anmeldung der Beschäftigten beim AMS sei ein Frühwarnsystem. Die Dienstverhältnisse dürfen erst Ende Juni beendet werden, es gibt also noch einen Hoffnungsschimmer.

Zu ambitionierte Pläne

Die Pläne von dayli waren von Beginn an ambitioniert, zu ambitioniert, wie Branchenkenner meinen. Nach der Schlappe rund um die Sonntagsöffnung überschlugen sich in der vergangenen Woche die Meldungen. Zuerst wurde bekannt, dass die Drogeriekette seine Lieferanten um einen Zahlungsaufschub gebeten hat, kurz darauf gab Miteigentümer Novomatic seinen Ausstieg bekannt. Für Aufregung sorgte auch die Einschätzung von Kreditschützern über eine drohende Insolvenz, die dayli-Chef Haberleitner empört zurückwies.

Auf einen Blick

885 österreichische Schlecker-Standorte hat Rudolf Haberleitner nach der Insolvenz der Drogeriekette 2012 übernommen und in "dayli" umgestauft. Die Geschäfte sollten bis Februar 2014 zu Nahversorgungsläden umgerüstet werden. Die Zeichen standen bisher voll auf Expansion: Bis 2016 wollte man die Zahl der Shops auf 1350 erhöhen.

Herzstück des neuen Shopkonzepts ist das Bistro. Die Gastronomiekonzession rechtfertigt laut Haberleitner, die Shops am Sonntag zu öffnen. Eine Gesetzesänderung vereitelte diesen Plan. Die Gewerbeordnung wurde dahingehend geändert, dass der sonntägliche Warenverkauf nur dann erlaubt ist, wenn der "Charakter des Betriebes als Gastgewerbe" auch gegeben ist.

Über 50 Mio. Euro sollte in die Umrüstung investiert werden, etwa 50.000 Euro pro Filiale. Eigentlich sollte der Glücksspielkonzern Novomatic als Investor die finanziellen Mittel bereitstellen. Doch dieser zog sich im Mai nach nur sechs Monaten zurück. Seitdem ist dayli fieberhaft auf Investorensuche.

(APA/Red.)

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