Studie: "Österreich müsste viel schneller wachsen"

Studie oesterreich muesste viel
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Die USA haben wieder die wettbewerbsfähigste Wirtschaft. Die Euroländer fallen stark zurück – mit ihnen auch Österreich. In nur sechs Jahren rutschte das Land um zwölf Plätze ab.

Wien. Österreich kommt in Sachen Wettbewerbsfähigkeit nicht über das Mittelmaß hinaus. Im Gegenteil: Allen Sonntagsreden der Politiker zum Trotz beweist das Land, dass es immer noch ein Stück weiter abrutschen kann. Beim diesjährigen „World Competitiveness Report“ des renommierten Schweizer Instituts IMD landete Österreich gerade noch auf Platz 23 von 60 untersuchten Ländern. Ein beachtlicher Abstieg, wenn man sich erinnert, dass die heimische Wirtschaft vor sechs Jahren noch auf dem Sprung unter die besten zehn der Welt war (2007: Rang elf).

Die Gründe dafür fanden die Studienautoren bisher meist bei der Politik. Zu hohe Steuern, eine ineffiziente Verwaltung und ein gewaltiger Schuldenberg bei Bund und Ländern hemmten das Wachstum im Land. Daran hat sich nichts geändert. Doch heuer ging es auch in allen anderen Kategorien bergab. Nicht nur die Unternehmen ließen aus, sogar die viel gelobte Infrastruktur wird offenbar langsam alt.

„Österreich ist das Opfer seiner Nachbarn“

Und dennoch ist zumindest die Ursache für den kurzfristigen Abstieg Österreichs nicht unbedingt innerhalb der Landesgrenzen zu suchen, sagt IMD-Direktor Stephane Garelli zur „Presse“. „Österreich ist das Opfer seiner Nachbarn“, erklärt er. Die heimischen Banken müssten den Stillstand in Osteuropa verkraften. Und in allen anderen Himmelsrichtungen ist Österreich von einem stagnierenden Europa umgeben. Seit 1997 hat „Europa ökonomisch an Boden verloren und vereinigt mittlerweile mehr als die Hälfte aller Ranglistenverlierer seit 1997 auf sich“, heißt es in dem Report. Kein einziges Euroland konnte sich im diesjährigen Ranking verbessern. Nur Deutschland verteidigte immerhin den neunten Platz und ist damit das einzige Land der Eurozone, das sich unter den zehn wettbewerbsfähigsten Volkswirtschaften halten konnte.

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Das müsste nicht so sein, ist Ökonom Garelli überzeugt. Denn „im Grunde ist Österreich sehr wettbewerbsfähig“. In kaum einem anderen Land finden die Unternehmer produktivere und motiviertere – wenn auch nicht immer ideal ausgebildete – Mitarbeiter als in Österreich, so die Studie. Bei einem vergleichbaren Ranking des World-Economic-Forums konnte Österreich zuletzt auch um drei Plätze auf den 16. Rang vorrücken. Denn immer noch schaffen innovative heimische Unternehmen hohen Wohlstand. Nur mit dem Wachstum hapert es. Im Vorjahr stieg das Bruttoinlandsprodukt nach Abzug der Inflation nur um 0,8 Prozent. 41 vom IMD untersuchte Länder entwickelten sich besser. Für heuer sieht die Prognose nicht besser aus. „Dabei müsste Österreich viel schneller wachsen“, fordert Garelli.

Man merke, dass die Mitgliedschaft in der Eurozone das Land einschränke. Der europäische Sparzwang, der Ländern wie Italien und Spanien vielleicht guttue, bekommt Österreich in seinen Augen nicht. Die Staatsschulden müssten zwar gesenkt werden, aber „wer auf Nulldiät geht, verliert zwar Gewicht, ist am Ende aber tot“.

USA dank Schiefergas wieder auf Platz eins

Wie zum Beweis hievten die Schweizer die ausgabefreudigeren USA wieder zurück an die Spitze der wettbewerbsfähigsten Länder der Welt. Dicht gefolgt von der Schweiz und Hongkong. Tatsächlich erholt sich die US-Wirtschaft vergleichsweise rascher von der Krise als Europa. Aber nicht nur das billige Geld der US-Notenbank Fed, auch niedrige Löhne und die billige Energie aus dem US-Schiefergas-Boom (Stichwort „Fracking“) treiben das Land nach vorn.

„2015 werden die USA mehr Gas als Russland fördern, 2020 mehr Öl als Saudiarabien“, sagt Garelli. „Das wird einen enormen Effekt auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen haben.“ Er rechnet damit, dass die Stromkosten in den USA bald nur noch halb so hoch sein werden wie in Europa. Die Frage, wie lange der Fracking-Boom angesichts teurer Produktion und sich rasch leerender Lagerstätten anhalten werde, stellt sich für ihn nicht. „Es ist, wie Keynes immer gesagt hat: Auf lange Sicht sind wir alle tot.“ Kurzfristig sei Fracking ein „wunderbarer Weg, um die Wirtschaft zu reanimieren“.

Hohe Steuern sind das größte Problem

Auch Österreichs Unternehmen leiden derzeit an den vergleichsweise teuren Energiepreisen in Europa. Entscheidend für das Vorankommen des Landes ist das Thema Schiefergas langfristig aber nicht. Die wahren Probleme liegen ganz woanders: in der Steuerpolitik des Landes.

Wie in den Jahren zuvor ließen die Studienautoren keine Zweifel aufkommen, dass Österreichs Fiskus besonders tief in den Taschen seiner Bürger wühlt. Ganz egal, wie viel die Menschen hierzulande erwirtschaften, fast die Hälfte (42 Prozent) des Bruttoinlandsprodukts dürfen sie gleich wieder an den Staat abliefern. Wenigstens hier ist das Land auf dem Weg zu einem Spitzenplatz. Nur sieben Länder bedienen sich stärker am wirtschaftlichen Erfolg ihrer Bürger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2013)

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