1933: „ . . . müssen nur die Furcht fürchten“

1933 muessen Furcht fuerchten
1933 muessen Furcht fuerchten(c) Reuters (� Handout . / Reuters)
  • Drucken

Wirtschaftskrise. Anfang der 1930er-Jahre sind die USA in einer schweren Wirtschaftskrise, der Demokrat Franklin Delano Roosevelt gewinnt mit dem Versprechen, diese Krise zu bekämpfen, die Wahl.

[5. März 1933] Der neu gewählte Präsident Franklin Roosevelt hielt nach seiner Vereidigung seine Antrittsrede im Kapitol. „Lassen Sie mich versichern“, lautete der Einleitungssatz, „meine feste Überzeugung ist, dass das Einzige, was wir zu befürchten haben, die Furcht selbst ist. Unsere Nöte betreffen, Gott sei Dank, nur materielle Dinge.“

„Diejenigen, die für den Austausch der Güter unter den Nationen verantwortlich sind, haben durch Kurzsichtigkeit und Unfähigkeit versagt. Sie haben nur Gesetze einer weltsüchtigen Generation gekannt. Die Wechsler sind von ihren goldenen Sitzen im Tempel der Zivilisation geflüchtet, und wir können jetzt in dem Tempel die alte Wahrheit wieder in ihr Recht einsetzen. Es muss ein Ende gemacht werden mit der Praxis der Banken und Geschäfte, die allzu oft das ihnen erwiesene heilige Vertrauen getäuscht haben.

Es ist kein Wunder, wenn das Vertrauen schwindet, das nur bestehen könne, wo Zuverlässigkeit und Verpflichtungen heilig geachtet werden.“

Roosevelt forderte dann sofortige drastische Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise. „Ich bin bereit, jede Maßnahme zu ergreifen, die erforderlich ist. Maßnahmen, die der Kongress von sich aus vorschlagen wird, werde ich durchzuführen versuchen. Wenn aber der Kongress nicht dazu in der Lage sein sollte, werde ich den Kongress darum ersuchen, ein Instrument zu schaffen, um der Krise zu begegnen, eine Exekutivgewalt, die den Krieg gegen die Not aufnimmt und die mit solchen Vollmachten ausgestattet wird, wie sie mir erteilt würden, wenn wir tatsächlich von einem ausländischen Gegner überfallen worden wären.“

„Es muss eine strenge Überwachung aller Bankgeschäfte, Kredite und Geldanlagen eintreten. Man muss den Spekulationen mit dem Gelde der anderen ein Ende setzen, und Vorsorge für eine ihrem Werte angemessene, aber sichere Währung muss geschaffen werden.“
„Wir müssen zuerst unser eigenes Haus wieder in Ordnung bringen. Unsere internationalen Handelsbeziehungen, so außerordentlich wichtig sie auch sind, sind eine Frage zweiter Ordnung bei der Herstellung einer gesunden nationalen Wirtschaft. Dennoch werde ich mein Äußerstes tun, um durch internationale Abmachungen den Welthandel in normale Bahnen zu lenken. Auf dem Gebiete der Weltpolitik ist es mein Wunsch, dieses Land die Politik eines guten Nachbarn treiben zu lassen.“

Das „Telegramm des Korrespondenten“ war nicht namentlich gezeichnet.

("Die Presse", 165 Jahre Jubiläumsausgabe, 29.06.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Wege Krise gegen Europa
165 Jahre Die Presse

Wege aus der Krise: USA gegen Europa

Rezession. Während Europa spart, pumpen die USA Milliarden Dollar in die Wirtschaft. Welcher Weg verspricht mehr Erfolg?
165 Jahre Die Presse

1848: Die Revolution – eine Übertreibung

Reportage. Das aufständische Wien kapituliert, die letzten versprengten Revolutionäre irren ziellos herum. „Die Presse“ ruft dazu auf, aus dem Taumel der Leidenschaften zu erwachen und zur Ordnung zurückzukehren.
165 Jahre Die Presse

1861: Der Bürgerkrieg in den Vereinigten Staaten

Der Bürgerkrieg in den Vereinigten Staaten
Sklavenemanzipation. Für die Sklavenhaltergesellschaft des Südens zählt nicht nur die Hautfarbe, sie sieht die arbeitende Klasse für die Sklaverei geschaffen.
Sind den Frauen die Universitäten zu öffnen?
165 Jahre Die Presse

1872: Sind den Frauen die Universitäten zu öffnen?

Die Rektorsrede Späths über die Frauenfrage. „Sind Frauen befähigt und berufen, die Wissenschaften zu kultivieren?“ Die schlagendsten Argumente gegen die „emanzipationslustigen Frauenzimmer“ anno 1872.
165 Jahre Die Presse

1875: „Marie, du bist so schön, wie die Sünde"

Literaturentdeckung. Im November 1875 veröffentlichte die „Neue Freie Presse" eine bis dahin unbekannte Fassung von Georg Büchners Drama „Woyzeck", kommentiert von Karl Emil Franzos. Das Stück wurde hier zum „Wozzeck".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.