Töchterle: Ein Minister auf beschwerlicher Imagetour

Toechterle Minister beschwerlicher Imagetour
Toechterle Minister beschwerlicher Imagetour(c) Martin Wiesner
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Seit Jahresbeginn tourt Minister Töchterle für das Image der Unis durchs Land. Und auch mit Kritik an den Rektoren spart er dabei nicht.

Graz. Es muss schnell gehen: „Hören Sie, ob der Patient atmet? Fühlen Sie den Puls? Sind die Pupillen auffällig?“ Im Sekundentakt prasseln die Fragen auf Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) ein. Vor ihm im Clinical Skills Center der Medizin-Uni Graz liegt eine täuschend echt aussehende Puppe. Die Mediziner trainieren daran den Ernstfall: Was tun mit einem verunfallten Motorradfahrer – bewusstlos und blutend? Der Minister, eingekleidet in Notarztmanier und das Röhrchen zum Intubieren in Händen, spielt bei alledem geduldig mit.

Immerhin hat er sich bewusst darauf eingelassen, mehr noch: Es handelt sich um eine Idee, die seinem eigenen Ressort entsprungen ist. Der Besuch in Graz ist Teil eines umfassenden Streifzugs. Seit Jahresbeginn tourt Töchterle unter dem Motto „uni.stärken“ durchs Land und besucht alle 21 Universitäten. Wie der Name schon sagt, geht es darum, mit jeder einzelnen Uni ihre jeweiligen Stärken zu präsentieren. Und so das Positive in den Vordergrund zu rücken.

„Die Rektoren sind mitschuld“

Ein Vorhaben, das auf den ersten Blick ein wenig wie eine billige PR-Kampagne wirkt, auf den zweiten Blick aber durchaus legitim ist. Die heimischen Unis haben – das sagt auch der Minister – nicht das Ansehen, das sie verdienen. Das liegt nicht allein an den kontinuierlich schlechten Ergebnissen in internationalen Hochschulrankings, sondern auch an der (politischen) Debatte: Geldmangel an den Universitäten, Platzmangel im Hörsaal, schlechte Betreuungsverhältnisse. Diese Themen sind es, die in der öffentlichen Wahrnehmung wohl am engsten mit den Universitäten verknüpft sind. Manchmal berechtigt, manchmal auch nicht.

Es sind Themen, die den Uni-Minister auch auf seiner Imagetour verfolgen. „Den Titel ,uni.stärken‘ könnte man ja auch als finanzielle Stärkung der Hochschulen interpretieren“, sagt etwa Harald Kainz, Rektor der TU Graz, anlässlich des Ministerbesuchs. Die Anspielung auf das Geld ist für Töchterle – vor seiner politischen Karriere ja selbst Uni-Chef – durchaus verständlich. Allerdings nicht immer zielführend, vor allem, wenn es um das Bild der Universitäten geht. „Viele Rektoren sind mitschuld am schlechten Image der Unis, weil sie immer nur nach Geld rufen“, sagt der Minister. Und auch Rektorenchef Heinrich Schmidinger gab sich durchaus selbstkritisch, als Töchterle ankündigte, das Ansehen der Universitäten aufpolieren zu wollen: „Unsere hochschulpolitische Wirklichkeit ist nur so gut oder schlecht, wie wir sie kommunizieren“, sagte Schmidinger.

Tatsächlich bleiben die Stärken der heimischen Unis einer breiten Öffentlichkeit zumeist verborgen. Dem Minister werden sie auf seiner Tour quasi am laufenden Band präsentiert – auch, wenn das mitunter zu skurrilen Szenen führt: So wird Töchterle nicht nur als Notfallmediziner inszeniert (und fotografiert), sondern auch beim Hundestreicheln, an der Trompete bei einer Jazzeinlage mit Studierenden oder vor den Uni-eigenen Orchideen der Wiener Boku.

An der TU Graz wird Töchterle indes mit präparierten menschlichen Herzen und dergleichen konfrontiert. Am dortigen Institut für Biomechanik versuchen Forscher gemeinsam mit Uni und Med-Uni, die Mikrostruktur von Herz und Aorta zu erforschen. Wenige Meter weiter – am Institut für Werkstoffkunde und Schweißtechnik – befindet sich eine Elektronenstrahlschweißanlage: Arbeiten, die früher drei Tage dauerten, werden damit in nur zwanzig Sekunden erledigt. „Hochinnovativ“, sagt Rektor Kainz. Und damit auch ein Bereich, der direkt für die Wirtschaft interessant sein könnte.

Beitrag für die Wirtschaft

Die Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft: Das sei einer jener Punkte, die noch stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung gerückt werden sollten, sagt Georg Winckler, langjähriger Rektor der Uni Wien und Kenner der internationalen Hochschulszene, im Gespräch mit der „Presse“. Ein wichtiger Grund für das verbesserungswürdige Image der Unis: „Die Bevölkerung in Österreich glaubt nicht, dass wirtschaftliches Wohlergehen und der Erhalt des Sozialstaats wesentlich von Forschungsleistung und wissenschaftlicher Bildung abhängen“, sagt er. „Das ist es, was man im Kern verbessern müsste.“

Denn längst nicht überall haben die Unis in puncto (gesellschaftlichen) Ansehens derartige Schwierigkeiten wie hierzulande. „Man muss nur nach Deutschland blicken“, sagt Winckler. Dort müsse man die Bedeutung der Universitäten weit nicht so stark in die Bevölkerung hineintragen: „Der Zusammenhang zwischen dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wohlergehen und der Pflege der Wissenschaft und der Unis ist dort viel enger als bei uns.“

Dieses Bewusstsein in die Bevölkerung hineinzutragen wird – trotz Imagetour – auch für Töchterle nicht leicht. „Für die breite Öffentlichkeit sind die Universitäten desolate Mangelwesen. Das stört mich so sehr, dass es wehtut.“

Auf einen Blick

„Uni.stärken“ nennt sich die österreichweite Tour, mit der Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) das Image der Universitäten verbessern will. Dabei präsentieren ihm die 21 Unis ihre Stärken. Der Grund: Die Unis hätten nicht das Ansehen, das sie verdienen. Daran seien diese laut Töchterle mitunter aber auch selbst schuld: Ständig nur nach mehr Geld zu rufen sei kontraproduktiv, sagt der Minister.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2013)

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