Restaurierung: Gemäuer mit Geschichte

Stellt das Denkmalamt ein Haus unter Schutz, hat der Besitzer Auflagen. Oder Freude, wenn er sich für die Besonderheiten des historischen Bauwerks begeistert.

Der Bautechniker Josef Grabner ist für die Erhaltung der Wohnhäuser der Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft GWG in Linz verantwortlich. Tausende Wohnungen dieser Gesellschaft stammen aus den Dreißiger- und Vierzigerjahren des vorigen Jahrhunderts und stehen seit 2009 unter Denkmalschutz. Das macht Grabner wenig Freude, denn bei einer Reihe von GWG-Häusern verlangt das Denkmalamt die Erhaltung der kompletten Außenhaut bis hin zu Fenstern und Eingangstoren. „Wir dürfen beispielsweise bei der Fassadenrenovierung nur zehn Zentimeter Vollwärmeschutz aufbringen“, erzählt der Bautechniker. Aufgrund der daraus resultierenden geringeren wärmetechnischen Verbesserung gibt es weniger Fördergelder vom Land und letztlich auf Dauer höhere Heizaufwendungen für die Mieter.

Die Linzer sind nicht die Einzigen, die mit den strengen denkmalschützerischen Vorschriften hadern. Vor drei Jahren hat sich etwa die Bevölkerung von Hallstatt fast geschlossen und letztlich erfolgreich gegen den Ensembleschutz von 150 Häusern gewehrt. Derzeit ziehen die Hallstätter gegen den Denkmalschutz für eine Wehranlage aus dem Jahre 1511 ins Feld, die zu Überschwemmungen im Ort beitragen soll. Auch in Bad Gastein soll ein größeres Hotelprojekt stocken.

Im Grundbuch vermerkt

Das seien Einzelfälle, meint man beim Denkmalamt. „Bei über 90 Prozent der unter Denkmalschutz stehenden Bauten finden wir gemeinsam mit den Besitzern befriedigende Lösungen“, sagt Bernd Euler-Rolle vom Bundesdenkmalamt. Er betont, dass Denkmalschutz in vielen Staaten der Welt geregelt sei und durchaus Sinn habe: „Es geht schließlich darum, ein gemeinsames kulturelles Erbe zu erhalten, und das ist gerade in einem Kulturland wie Österreich von besonderer Bedeutung.“

Was zu diesem kulturellen Erbe gehört, bestimmen die Beamten des Bundesdenkmalamtes: „Eine Unterschutzstellung wird ausgesprochen, wenn die geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung entsprechend groß ist“, erläutert Euler-Rolle. Einspruch gegen diesen Eingriff in die Eigentumsrechte – der Denkmalschutz einer Immobilie wird auch im Grundbuch vermerkt – kann bislang nur beim Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur eingebracht werden.

Dort entscheiden ebenfalls Beamte. Das ändert sich im kommenden Jahr. Dann wird das Bundesverwaltungsgericht für eine Berufung zur Verfügung stehen. Ob betroffene Hausbesitzer dadurch bessere Chancen haben werden, beim Denkmalschutz ihrer Immobilie mitzureden, lässt sich noch nicht sagen. Der Wert eines Hauses kann durch die Unterschutzstellung ja mitunter beeinträchtigt sein: „Grundsätzlich ist jede Belastung einer Immobilie, und dazu gehört auch der Denkmalschutz, eine Wertminderung“, meint Immobiliensachverständiger Michael P. Reinberg.

Freude, neues Leben einzuhauchen

Denkmalschutz kann Eigentümern allerdings auch etwas bringen – nicht nur die Erhaltung wertvoller Bausubstanz, Imagegewinn und schöne Optik: So könnten sich laut Reinberg bei der Nutzung der speziellen Abschreibungsmöglichkeiten, die für solche Immobilien bestehen, durchaus finanzielle Vorteile für den Besitzer ergeben: „Es gibt Bauherrnmodelle, die bewusst auf denkmalgeschützte Bauten setzen, um die kürzeren Abschreibungsmöglichkeiten zu nützen“, sagt er. Eine erfolgreiche Verwertung solcher Immobilien hänge seiner Meinung nach auch mit der Begehrlichkeit der Lage zusammen: „Stünden etwa die viel diskutieren denkmalgeschützten Hotels nicht in Bad Gastein sondern in Kitzbühel, wäre die Nutzung vermutlich auch unter den Auflagen des Denkmalamtes kein Problem.“

Kein Problem stellt Denkmalschutz vor allem dann dar, wenn sich der Besitzer für die Besonderheiten des historischen Bauwerks begeistert und auch bereit ist, einiges darin zu investieren. Der Wiener Architekt Herbert Bohrn etwa hat im südlichen Teil Wiens zwei aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammende größere Gebäude erworben und mit Umsicht revitalisiert. Die Sanierung bereitete Bohrn große Freude: „Es war einfach herrlich, gemeinsam mit dem Denkmalamt diesen Bauten neues Leben einzuhauchen“, erzählt er rückblickend.

Im Inneren der beiden behutsam restaurierten Häuser – einem barocken Schlössl eines Architekten aus dem Umfeld Fischer von Erlachs und einer spätbiedermeierlichen-frühhistoristischen Poststation – wurden zeitgenössische Elemente integriert. Außen verwendete man ausschließlich historische Materialien – wie zum Beispiel gesumpfte Kalkputze. Die Immobilien, die inmitten eines großen alten Parkareals liegen, werden heute von Herbert Bohrn und seinem ebenfalls als Architekt tätigen Sohn als Büros genützt. In den denkmalgeschützten historischen Häusern entwerfen die Planer ganz moderne Großprojekte aus Glas und Stahlbeton: Das Bundesministerium für Finanzen in Wien oder die Zentrale der NÖ Versicherung in St. Pölten etwa stammen aus diesen Ateliers.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2013)

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