Wie und warum die Bienen dahingerafft werden

warum Bienen dahingerafft werden
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Im Puppenstadium hat die staatenbildende Honigbiene keinerlei Immunsystem, vorher und nachher schon. Als Puppe ist sie durch die Wabe vor Bakterien und Viren geschützt. Aber nicht vor Varroa-Milben.

„Man hat in den letzten Jahren so oft gehört, dass das Immunsystem der Bienen durch die Agrarchemie geschwächt wird“, berichtet Jürgen Tautz (BeeGroup Würzburg), ein altgedienter Bienenforscher, der sich mit seiner Klientel auskennt wie kaum ein anderer. Nur mit dem Immunsystem hatte er sich nicht beschäftigt, also ging er in die Fachliteratur: „Ich habe gedacht, das Immunsystem der Biene ist gut bekannt, aber gefunden habe ich überhaupt nichts Substanzielles.“

Also baute Tautz vor vier Jahren mit anderen Veteranen eine Forschungsgruppe auf. Die fand zunächst, dass das Immunsystem der Bienen zwei Äste hat: Zum einen werden Krankheitserreger – die Biene ist von so vielen geplagt wie kein anderes Insekt – mit Antikörpern neutralisiert, zum anderen gibt es eine „induzierte humorale Reaktion“, in der die Tiere bei Bedarf Peptide synthetisieren, die etwa Bakterien abwehren. „Mit diesem Instrumentarium setzen sich die staatenbildenden Honigbienen seit ihrer Entstehung vor 30 Millionen Jahren gegen Unbill zur Wehr“, berichtet Tautz. Es ging lange gut, obwohl bis zu 50.000 Arbeiterinnen und 2000 Drohnen auf engstem Raum leben, und obwohl sie wenige Gene haben, die für das Immunsystem zuständig sind.

Abwehrkräfte? „Null, nichts vorhanden“

Stattdessen nutzen sie ausgeklügelte Techniken bei der Anlage und der Klimatisierung ihrer Nester. Aber auch die halfen nicht, als vor 40 Jahren eine neue Bedrohung kam, die Varroa-Milbe. Sie attackiert Bienen im Puppenstadium, nicht letal, sie saugt nur ein wenig Hämolymphe aus ihnen heraus. Aber sie kommt nicht allein, sie bringt blinde Passagiere, Viren, Bakterien. Die haben schon viele Völker an den Rand getrieben, und darüber hinaus. Denn sie attackieren Wehrlose, das ist der jüngste Fund der Gruppe um Tautz: Bienen sind, wie alle Insekten, erst Larven, dann Puppen, dann adult. Als Larven haben sie ein Immunsystem, als Adulte auch, aber als Puppen haben sie keines, „null, es ist nichts vorhanden“ (PLoS One, 17.6.).

Denn als Puppen brauchen Bienen für gewöhnlich keinen Schutz, sie sind in verdeckelten Waben untergebracht (und die sind obendrein innen mit Propolis tapeziert, es enthält Antibiotika). Da kommt nichts hinein, kein Bakterium, kein Virus, kein Pilz, da braucht es kein Immunsystem, die Ressourcen können anderswo investiert werden. Aber die Varroa-Milbe kommt hinein, und dann muss sie gar nichts Böses mitbringen, harmlose Kolibakterien genügen: Selbst an ihnen gehen die Puppen in kürzester Zeit zugrunde, Tautz hat es experimentell gezeigt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2013)

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