Ukraine

Russlands Raketen treffen Straßenmusikerinnen und Hotel

Das Hotel in Saporischschja wurde von einer Rakete getroffen.
Das Hotel in Saporischschja wurde von einer Rakete getroffen.Imago/Albert Kosheliev
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Russland nimmt täglich die Stadt Saporischschja ins Visier – und traf ein Hotel, das häufig von UN-Mitarbeitern genutzt wird. Das Schicksal zweier getöteter Straßenmusikerinnen erschüttert viele Menschen. Und das von Russland besetzte AKW hat Probleme mit der Stromversorgung.

Blauer Himmel, gutes Wetter. Schüchtern lächelnd und mit sicherer Stimme singen Swetlana und Kristina – 19 und 21 Jahre alt – in der südostukrainischen Stadt Saporischschja. Ein Video ihrer Straßenmusik wurde weltweit auf sozialen Medien geteilt. Eine Stunde später wurden sie aus dem Leben gerissen. Ein russischer Raketenangriff auf ein Wohnviertel der Stadt tötete die beiden jungen Frauen, schrieb der ehemalige stellvertretende ukrainische Innenminister Anton Gerashchenko am Donnerstag auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter). Die 19-Jährige sei noch am Ort des Raketeneinschlags gestorben, die 21-Jährige tags darauf auf der Intensivstation.

„Sie spielten bei all unseren Feiertagen und gaben Energie und gute Laune“, sagte eine Freundin von ihnen, Viktoria Knysh, auf der Facebook-Seite eines Kultur- und Freizeitzentrums in der Nähe von Saporischschja. „Sie glaubten an ein helles und friedliches Leben unter der ukrainischen Flagge.“ Von unabhängiger Seite ließen sich diese Angaben nicht überprüfen.

Der Tod von Swetlana und Kristina ist nur ein Beispiel für die wieder zunehmende Gewalt in der Region Saporischschja in den letzten Tagen. Bei dem russischen Raketenangriff am Mittwoch kam außerdem ein Mann ums Leben, neun weitere Menschen wurden verletzt. Am Donnerstag traf eine russische Iskander-Rakete um 19.20 Uhr erneut Saporischschja. Die Stadt liegt rund 50 Kilometer nördlich der Front. Dabei kam eine Person ums Leben, weitere 16 Menschen wurden laut ukrainischen Behörden verletzt, darunter vier Kinder. Getroffen wurde das Hotel Reikartz im Stadtzentrum. Es wird häufig von Mitarbeitern der Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen gebucht. Dementsprechend groß ist der Schock auch bei Denise Brown. Sie ist UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe in der Ukraine. „Ich habe jedes Mal in diesem Hotel übernachtet, als ich Saporischschja besuchte.“

Ukraine im Süden und Südosten unter Druck

Die Stadt leidet täglich unter russischem Beschuss. „In einem Zivilgebäude brach ein Feuer aus, nachdem die Besatzer es mit einer Rakete getroffen hatten“, sagte der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskij, in seiner abendlichen Videobotschaft. Von Beamten im Internet geteilte Bilder und Videos zeigten einen großen Krater, Autowracks und ein stark beschädigtes vierstöckiges Gebäude mit einem Hotelschild. „Wir vergessen nicht unser Hauptziel – den Krieg zu gewinnen und das Land nicht zu verlieren“, sagte Selenskij. Seine Truppen standen an vielen Frontabschnitten im Süden und Südosten zuletzt unter Druck. Nach Angaben des Generalstabs in Kiew griffen russische Truppen an den Frontabschnitten Kupjansk, Lyman, Bachmut, Awdijiwka, Marjinka und Schachtarsk an. Dem Bericht des Generalstabs in Kiew zufolge rückten die ukrainischen Truppen selbst nur an zwei Stellen vor. Die Militärangaben sind unabhängig nicht zu überprüfen.

Ein weiteres Symbol der Region ist das Atomkraftwerk Saporischschja, das seit März 2022 von russischen Truppen kontrolliert wird. In der Nacht auf Donnerstag verlor das AKW einmal mehr den Anschluss an die Haupthochspannungsleitung. Die Stromversorgung erfolge im Moment über eine Notstromleitung. Da diese aber weniger als die Hälfte der Kapazität hat, stehe das Kraftwerk nun vor einem Stromausfall, berichtete der staatliche ukrainische Energieversorger Energoatom. (ag./red.)

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