Legalisierung in Deutschland

Fronten bei Cannabis in Österreich verhärtet

AFP/GEOFF ROBINS
  • Drucken

In Deutschland wird Cannabis bald legal. In Österreich gibt es dafür keine politische Mehrheit. Die SPÖ ist zwar dafür, forciert die Lockerung aber nicht. Die Grünen wollen die Debatte „entkrampft führen“. Nur die Neos sprechen sich klar für eine Legalisierung aus.

Die deutsche Regierung macht den Weg frei für ein neues Gesetz, das die Legalisierung von Cannabis für den Privatgebrauch vorsieht. Während Kritiker warnen, dass der Jugendschutz darunter leidet, beeinflusst die Entscheidung im Nachbarland auch die Debatte in Österreich.

Während eine Legalisierung bedeuten würde, dass man Cannabis legal kaufen kann, heißt „Entkriminalisierung“ nur, dass der Konsum nicht bestraft wird. Bereits jetzt muss die Staatsanwaltschaft in Österreich die Anzeige bei Cannabis-Konsumenten für eine Probezeit von zwei Jahren zurücklegen, wenn es sich um eine geringe Menge zum eigenen Gebrauch handelt.

Grüne wollen „Debatte entkrampft führen“

In der Koalition herrscht dazu bekanntlich Uneinigkeit. Während die ÖVP strikt gegen eine Lockerung der gesetzlichen Lage ist, hätte Ralph Schallmeiner, Gesundheitssprecher der Grünen, nichts gegen deutsche Verhältnisse in Österreich, zumal die Teillegaliserierung dort auch wissenschaftlich begleitet werde, wie er zur „Presse“ sagt. In Österreich sei man aufgrund der Mehrheitsverhältnisse aber weit davon entfernt. „Alle haben sich irgendwie eingegraben, wie in den 1960-er- und 1970er-Jahren. Es wäre wünschenswert, wenn man diese Debatte bei uns einmal entkrampft führen könnte – und zwar entlang der Lebensrealität der Menschen“, sagt Schallmeiner. Wichtig sei ihm, dass niemand wegen eines Joints kriminalisiert werde. Wie so ein Modell aussehen könnte, müsste man dann im Detail erarbeiten. „Aber es gibt ja schon viele Erfahrungswerte aus anderen Ländern, die das zugelassen haben – gute wie schlechte.“ Daraus könnte man lernen. Ob man das dann „Entkriminalisierung“ oder „Legalisierung“ nenne, sei nicht entscheidend.

Für die ÖVP lehnt deren Gesundheitssprecher Josef Smolle eine Legalierung ab: „Ich sehe das aus ärztlicher und wissenschaftlicher Perspektive als höchst problematisch an. Cannabis beeinträchtigt die jugendliche Gehirnreifung und hat Suchtpotential.“ Entspannung und vermeintlich erhöhtes Selbstwertgefühl könnten trügerisch sein, denn ebenso können Unruhe, Angst und Panikattacken auftreten, bis hin zu Gedächtnisstörungen, Motivationsverlust und zur Psychose als schlimmste Langzeitfolge. Auch die Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit ist nicht zu unterschätzen.

Eine Legalisierung wäre ein falsches Signal in Richtung gesellschaftlicher Akzeptanz. Dass das aktuelle Verbot ein zusätzlicher Konsumanreiz wäre, stimme nicht, so Smolle. „Was erlaubt ist, wird umso mehr genutzt, und danach lockt gleich das nächste Verbotene. Ebenso geht der Hinweis, dass Alkohol und Tabakkonsum viel schlimmer wären, in die falsche Richtung. Tatsächlich verursachen die legalen Substanzen bereits mehr als genug individuellen und gesellschaftlichen Schaden, umso weniger brauchen wir eine weitere frei verkäufliche Droge.“ Die therapeutische Nischenanwendung von Cannabisprodukten wiederum sei durch entsprechende Suchtmittelverordnung zu regeln. Wer Cannabis als Medikament zur Verfügung stellen möchte, solle einen Zulassungsantrag als Arzneimittel stellen.

Nur Neos klar für Legalisierung

Der SPÖ-Parlamentsklub wiederum lässt ausrichten: „Uns ist wichtig, dass einem jungen Menschen, der einmal in seinem Leben Cannabis konsumiert hat, nicht das ganze Leben verbaut ist. Schon 2016 hat die SPÖ in der Regierung daher weitreichende Regelungen zur Entkriminalisierung von Cannabis-Konsument:innen – Motto: Therapie statt Strafe – durchgesetzt. Diesen Weg wollen wir weitergehen. In unseren weiteren Überlegungen hierzu werden wir auch Entwicklungen und Erfahrungen in und aus anderen europäischen Ländern, wie Deutschland, berücksichtigen.“

Auf der Homepage der Sozialistischen Jugend heißt es jedenfalls nach wie vor: „Lieber bekifft ficken als besoffen fahren.“ Im Wahlkampf um den SPÖ-Vorsitz sprach sich einzig Andreas Babler für ein Ja dazu aus. Das Thema sei ihm aber „kein besonders Anliegen“, relativierte er später, auch weil das parteiintern nicht alle so sehen.

Die FPÖ spricht sich wiederum klar gegen die Legalisierung aus. Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak zeigt sich angesichts der Cannabis-Legalisierung in Deutschland laut Aussendung „entsetzt“. Der „links-grüne Drogenlegalisierungswahn ist ein Anschlag auf unsere Jugend“, kritisiert Kaniak. Die Gefahr von Cannabis als „Einstiegsdroge“ werde verharmlost und unterschätzt.

Die Legalisierung klar gefordert wird einzig von den Neos, wie die Partei auf „Presse“-Anfrage bekräftigt: „Das deutsche Modell ist besser als der komplette Stillstand, den wir in Österreich bei dem Thema haben“, wiewohl es „nur ein Kompromiss“ sei, sagt die pinke Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler. „Wir wollen, dass auch Österreich den Tatsachen ins Auge sieht und Cannabis endlich entkriminalisiert und legalisiert.“ Schon würden ohnehin „Zigatausende Menschen Cannabis konsumieren“, sagt Fiedler.

„Das kann man mögen oder nicht, es ist eine Tatsache. Derzeit besorgen sich die Konsumenten ihr Cannabis auf dem Schwarzmarkt – wo es keinen Jugendschutz gibt, keine Qualitätskontrollen, keine Steuern.“ Der Staat sollte an Cannabis verdienen, finden die Neos: „Cannabis ist ein Massenprodukt geworden, mit dem sich viel Geld verdienen lässt. Umso wichtiger ist es, solche Massenprodukte Qualitätskontrollen zu unterwerfen. Der – kontrolliert volljährige – Kunde soll in der Apotheke oder Trafik eine geprüfte Ware kaufen, von der er weiß, was drin ist.“ Das würde dann nicht für „windige Dealer“, sondern „für den Staat schöne Umsatz- und Ertragsteuern abwerfen“.  (juwe/oli/kk)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.