Nationalfeiertag. In der Schwarzmeer-Stadt Odessa sind am 32. Jahrestag der ukrainischen Unabhängigkeit alle Massenveranstaltungen abgesagt. Zu groß ist die Gefahr durch russischen Raketenbeschuss. Präsident Selenskij dankte den Menschen mit großen Worten für ihre Opferbereitschaft.
Odessa. Vor dem Denkmal des ukrainischen Nationaldichters Taras Schewtschenko oberhalb des Hafens von Odessa liegen mehrere Blumensträuße in Blau-Gelb. Davor steht Gena, ein braun gebrannter Teenager mit Bürstenschnitt. „Jeder Tag sollte in diesen schweren Zeiten ein Feiertag sein“, sagt er, angesprochen auf den Nationalfeiertag am 24. August. Zeit für Feiern hat er allerdings nicht: Er ist Babysitter und wartet auf die Übergabe des Kindes einer Klientin.
Hier im Schewtschenko-Park bekommt man eine Idee davon, welch schwierige Zeiten die Ukraine gerade durchmacht: Aus dem Hafengelände dringt kein Laut. Er ist wegen der russischen Seeblockade geschlossen. Keine Schiffe liegen vor Anker, kein einziger der vielen Kräne hievt Container in die Höhe.
Auch sonst ist von Feierlaune in Odessa wenig zu spüren. Stadt und Umland waren in den letzten Wochen wiederholt Ziel russischer Raketenangriffe. Die Befürchtung war groß, dass sich die Attacken in der Nacht von Donnerstag auf Freitag erneut intensivieren könnten. Es wäre eine russische Machtdemonstration. Die Ukraine kämpft 32 Jahre nach ihrer Lossagung von der Sowjetunion 1991 noch immer um ihre Unabhängigkeit. „Wir müssen den Russen zeigen, dass sie hier nichts verloren haben“, sagt Gena. Dann entschuldigt er sich. Das Kind wartet.