Wort der Woche

Ammoniak aus der Landwirtschaft

Die Reduktion von Ammoniak-Emissionen aus der Landwirtschaft ist eine harte Nuss. DIes ist aber wichtig, um die Feinststaubbelastung in den Griff zu bekommen.

Die Luft in Europa wird immer sauberer. Dank Entschwefelung, Filtern, Katalysatoren etc. sind in jüngster Zeit fast alle Luftschadstoffe rückläufig. Dennoch gibt z. B. die Europäische Umweltagentur keine Entwarnung: Zum einen seien rund 90 Prozent der europäischen Stadtbevölkerung weiterhin Schadstoffen in gesundheitsgefährdenden Konzentrationen ausgesetzt. Und zum anderen gibt es zwei Luftschadstoff-Kategorien, die nicht zurückgehen, sondern mancherorts sogar zunehmen: Ammoniak und Feinststaub (PM 2,5). Diese hängen eng zusammen, denn Ammoniak gilt als wichtigste Vorläufersubstanz für „sekundären“ Feinstaub: In Kombination mit Stickoxiden bilden sich sehr feine Partikel – je kleiner Feinstaubpartikel sind, umso tiefer können sie in die Lunge eindringen und zu Gesundheitsschäden führen.

Die beiden Schadgase haben unterschiedliche Herkunft: Stickoxide kommen größtenteils aus Automotoren; Ammoniak stammt vorwiegend aus der Landwirtschaft – konkret aus Urin und Fäkalien von Rindern und Schweinen. Und hier sollte man ansetzen: Forschende um Zehui Liu (Peking University) mit maßgeblicher Beteiligung des österreichischen Umweltforschers Wilfried Winiwarter fanden heraus, dass eine Reduktion des Ammoniak-Ausstoßes fünf bis elf Mal billiger ist als von Stickoxid-Emissionen (Nature Communications 17. 7.).

Politisch ist eine Absenkung der Ammoniak-Emissionen indes heißumstritten – gerade Österreich ist aus Sorge um eine übermäßige Kostenbelastung von Landwirten zurückhaltend. Eine solide Datenbasis haben nun Forschende um Anna Rychla (University of Zielona Gora) unter der Leitung Winiwarters gelegt: Als kostengünstigste Maßnahme erwies sich dabei eine Umstellung der Fütterung, am teuersten ist das Entfernen von Ammoniak aus der Abluft von Ställen (Journal of Environmental Management, 28. 7.). Zwischen diesen Extremen liegen das luftdichte Abdecken von Güllegruben sowie das gezielte Ausbringen auf den Feldern (etwa mittels Schleppschuhen oder Güllegrubbern).

Allerdings: Beim Vergleich verschiedener EU-Länder zeigten sich große Unterschiede – abhängig u. a. von den lokal üblichen Bewirtschaftungsformen, der Betriebsgröße, den klimatischen Bedingungen oder möglichen Futteralternativen. „Keine Farm gleicht einer anderen“, so die Forschenden. Es braucht also ein breites Spektrum von Maßnahmen, um bei der Luftreinhaltung einen bedeutenden Schritt weiterzukommen.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com

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