Frankreichs Staatspräsident, Emmanuel Macron, erläuterte am Montag im Élysée-Palast seine europapolitischen Ideen.
Balkan und die Ukraine

Was für eine EU à la carte spricht – und was nicht

Im Windschatten der aktuellen Erweiterungsdebatte setzt sich Frankreich wieder einmal für ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten ein. Was hat es mit der Idee auf sich? „Die Presse“ analysiert.

Paris/Brüssel/Wien. Es ist eine alte Idee, die Emmanuel Macron am Montag in seiner alljährlichen Rede vor Frankreichs Botschaftern aufs Tapet gebracht hat: nämlich jene eines Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten. „Ich selbst kann bezeugen, dass es zu 27 kompliziert ist, in wesentlichen Fragen auf einen grünen Zweig zu kommen. In einem Europa der 32 oder 35 wird es nicht einfacher werden“, führte der Staatspräsident vor dem versammelten Diplomatenkorps aus. Dass Macron ausgerechnet jetzt zu seiner erstmals vor fünf Jahren formulierten Idee der konzentrischen Kreise in der Europapolitik zurückkehrt, hängt nicht zuletzt mit der Ansprache zusammen, die Charles Michel, seines Zeichens Präsident des Europäischen Rats, ebenfalls zu Wochenbeginn in Slowenien gehalten hat. Darin nannte Michel als erster europäischer Spitzenpolitiker ein konkretes Zieldatum für den seit Jahren stockenden EU-Erweiterungsprozess – bis zum Jahr 2030 soll sich die Union demnach erweiterungsfit machen, um im neuen Jahrzehnt neue Mitglieder „verdauen“ zu können.

Neben des Westbalkans (Montenegro, Nordmazedonien, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Albanien) und (zumindest theoretisch) der Türkei warten mit der Republik Moldau sowie der Ukraine zwei Staaten, die ins Visier der neoimperialen Expansionsgelüste Russlands geraten sind, auf das ersehnte Signal aus Brüssel. Das politische, ökonomische und soziale Gefälle zwischen den EU-27 und den Aspiranten ist gewaltig – so lag das BIP pro Kopf 2021 in der Ukraine bei rund 4800, in Moldau bei 5.230 und in Albanien bei knapp 6400 US-Dollar, während der EU-Durchschnitt in jenem Jahr 38.400 US-Dollar ausmachte. Das macht die Frage nach der Vorbereitung der Union auf die Mammutaufgabe umso dringlicher, denn mit dem jetzigen institutionellen Setup der EU ist die Herausforderung kaum zu bewältigen. In Brüssel wird der Herbst ganz im Zeichen der Erweiterung stehen: Voraussichtlich im Oktober soll die Brüsseler Behörde ihren jährlichen Erweiterungsbericht mit Länderempfehlungen veröffentlichen, während die Staats- und Regierungschefs bei ihrem informellen Treffen in Granada am 6. Oktober sowie beim regulären Brüsseler Gipfel im Dezember über die Erweiterung debattieren werden.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.