Lokalkolorit

Testessen im Nagano: Gold für Hermann Maier

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In Nagano schaffte Hermann Maier einst Doppelgold, das gleichnamige Restaurant in Salzburg und Wien will es ihm gleichtun.

Ganz werde ich das Gefühl beim Essen nicht los, als müsste ich gleich beim Ausmalen helfen. Das vermitteln zumindest die halbverputzten Wände im neu eröffneten Nagano an bester Wiener Adresse unweit der Seilerstätte. Die Baustellenoptik erdet im besten Sinne, stimmt mit indirekter Beleuchtung, zwecks Raumklima zur Straße hin geöffneten Flügel­türen und zentraler Sushibar im vorderen Bereich des Restaurants entspannt. Noch dazu bieten die massiven warmen Holztische Halt in unruhigen Zeiten. Seit 25 Jahren ist das Haupthaus Nagano in Salzburg in Betrieb, Gastronom Hao Wu hatte das Restaurant vor zwei Jahren von seinen Eltern übernommen und eröffnete nun einen zweiten Standort in Wien.

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Nagano, das ist übrigens die japanische Stadt, in der Hermann Maier 1998 nach einem schweren Sturz noch Doppel-Olympia-­Sieger wurde. Im gleichen Jahr wurde in Salzburg das Restaurant eröffnet. Das ­Konzept soll in Wien das gleiche sein wie im Stammhaus: gehobene und trotzdem zugängliche moderne Izakaya-Küche. Küchenchef Juan Kaiser hatte sowohl im Tian als auch im Shiki in Wien gekocht, bevor er nun die Leitung im Nagano übernahm. Er werkt in der Küche im unteren Stockwerk, im Eingangsbereich hantiert ein eigener Sushikoch hinter offener Theke. Die Speisen sind kleiner, werden mittig eingestellt und geteilt, die Unterscheidung zwischen Vor- und Haupt­speisen wirkt aufgelöst. „Aber sagt niemals Tapas dazu ;)“, liest man in der Karte. Aber warum eigentlich nicht? Nun denn.

Bianca Gadnik

Der Spargelbrokkoli mit Erdnuss und Koriander (9,50 Euro) ist der optimal bissfeste Begleiter für Wiener Hundstage, etwas gehaltvoller, aber unverzichtbar der Miso Pork Belly (16,50 Euro). Die karamellisierte Honig-Miso-Glasur ist eine Wucht, dazu Krautsalat und spritziges Granny-Smith-Püree. Nur wo ist die Anleitung zum Püree-Verzehr mit Stäbchen? Ich bitte um Ergänzung! Viel zurückhaltender, ja fast zärtlich schmeckt der gebratene Kabeljau mit Reisschaum (17,50 Euro) im Melone-Kombu-Sud. Weniger höflich, dafür aber geiler die Ika Tempura (14  Euro): Calamari auf den Punkt, Jalapeño, Yuzu-Aioli, krosse Knusperpanade — mehr braucht’s nicht.

Da fällt die empfohlene Sushirolle „Francesca-Chan“ (18 Euro) mit flambiertem Lachs, grünem Spargel und Zitronenzeste schon fast fad aus. Neidisch schiele ich da auf die „Crusty Crab“-Roll am Nebentisch mit Schneekrabenkrokette on top. Die wird’s wohl beim nächsten Mal. Preis-Leistung stimmt jedenfalls. 

Bianca Gadnik

Info

Nagano, Schellinggasse 3, 1010 Wien, Tel.: +43/(0)1/588 53 07, Restaurant: Di–Sa: 12–14.30, 18–22 Uhr. Mehr Kolumnen auf: DiePresse.com/lokalkritiken

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