„Presse“ Matinee am Sonntag

Von Marx und Bademänteln

Die Sonntags-Matinee in den Clubräumen der „Presse“.
Die Sonntags-Matinee in den Clubräumen der „Presse“. Roland Rudoph
  • Drucken

Wer arbeitet in Shorts, welche Recherche endete im OP und wer deckt „Bullshit“ auf? Exklusive Einblicke in die Redaktion der „Presse“.

Was hat Karl Marx mit Joan Baez im Bademantel gemeinsam? Sie sind quasi ein thematischer Bogen des Sonntagvormittags in den Clubräumen der „Presse“. Zum dritten Mal fand dort eine Matinee statt, unter der Moderation von „Presse am Sonntag“-Chefin-vom-Dienst Friederike Leibl-Bürger gewährte die „Presse“ Einblick in den Alltag in der Wiener Redaktion – und anderswo.

Zum Beispiel in den USA. Dort verbrachte Auslandsredakteur Thomas Vieregge einige Jahre als „Pyjama-Korrespondent“, so nennt man jene, die wegen der Zeitverschiebung nachts oder frühmorgens arbeiten. „Wobei es bei mir eher Boxershorts und T-Shirts waren“, erzählt Vieregge von Anrufen um drei Uhr, weil in Wien wieder einmal jemand vergessen hatte, wie früh es bei ihm ist. Gelohnt hat sich der Auslandseinsatz trotzdem. Vieregge erzählt von einer berührenden Begegnung mit Präsident Obama nach dem Amoklauf an der Sandy-Hook-Schule in einem Turnsaal, von Waffennarren und extrem freundlichen Amerikanern und von Weltereignissen, die er miterlebte: Die Wahl 2008 etwa, bei der er, um zwei in der Früh, im Menschenstrom zum Weißen Haus, Sängerin Joan Baez in einem Bademantel traf, die den Moment ebenso nicht verpassen wollte.

Apropos Bademantel. Weniger Zeuge der Weltgeschichte, aber über Jahre Begleiter in der Redaktion, war ein anderer Bademantel, von dem Redakteur Erich Kocina erzählt: Der, in dem er einst für seine Kolumne „Selbstversuch“ den Weg in die Redaktion antrat. Dass dieser Bademantel danach dann ebendort so viele Jahre an einem Mantelständer hing, bis er drohte, ein Eigenleben zu entwickeln, vor solchen Details wurden die Gäste verschont.

Unerwartete Gefahren machte eine andere Begebenheit deutlich: 2019, die „Presse“ beging zehn Jahre „Presse am Sonntag“, Kocina wollte noch einmal einen „Selbstversuch“ starten. Die Kurzfassung: Ein Zehnmeterbrett, ein Redakteur mit Höhenangst – der Sprung endete in einem Wirbelbruch, einer OP, und, aus der Retrospektive, einer umso eindrucksvolleren Reportage, mit der Kocina die Geschichte viel später dann quasi verarbeitet hat.

Großer Einsatz

Gute Geschichten brauchen keinen Einsatz der Gesundheit, aber auch trockene Recherchen in Akten und Papieren können Gefahren bergen. So erzählt etwa „Economist“-Redakteurin Madlen Stottmeyer, Expertin für Finanzen, Börsen und Investigativrecherchen, etwa im Umfeld von Wirecard und Signa, von den vielen Anwaltsbriefen, die sie im Zuge ihrer Recherchen schon erhalten hat. Von den Interessen derer, die heikle Informationen nie ohne eine eigene Agenda zu verfolgen an sie herantragen. Oder, von Informationen, die erst nach heißen Geschichten aussehen, sich dann als unseriöser „Bullshit“, wie sie sagt, erweisen – und von denen man in anderen Medien dann dennoch liest.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.