Kosmetik

Der österreichische Milliardär, den niemand kennt

Reinold Geiger, CEO der L’Occitane Gruppe, investierte bereits in den 1990er-Jahren in Naturkosmetik.
Reinold Geiger, CEO der L’Occitane Gruppe, investierte bereits in den 1990er-Jahren in Naturkosmetik.Tomas Samson, Getty Images
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Als noch niemand Interesse an Nachhaltigkeit hatte, waren Plastiksackerln bei L’Occitane schon tabu. Mit der französischen Naturkosmetik-Marke verwirklichte sich Reinold Geiger einen Traum – und wurde zu einem der reichsten Österreicher.

Er ist einer der vermögendsten Österreicher und dennoch kennt hierzulande kaum jemand seinen Namen. Der Grund dafür dürfte sein, dass Reinold Geiger sehr zurückgezogen lebt. Dem 76-jährigen gebürtigen Vorarlberger scheint mediale Aufmerksamkeit nur dann zuteil zu werden, wenn es wie zuletzt ungewöhnliche Neuigkeiten über „sein“ Unternehmen gibt. Denn Geiger gehören mehr als 70 Prozent der französischen Kosmetikkette L’Occitane, die auch in Österreich in so ziemlich jeder größeren Fußgängerzone eine Dependance hat.

In den vergangenen Wochen kamen Gerüchte auf, dass Geiger die Kette nun komplett übernehmen wolle. Die US-Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete darüber und die in Hongkong notierten Aktien von L’Occitane reagierten heftig. Inzwischen stellte sich zwar heraus, dass die Pläne doch nicht umgesetzt werden. Aber dennoch sorgte die Episode für ungewöhnlich viel Rummel rund um Geiger. Denn für den diskret agierenden Geschäftsmann sind sprunghafte Kursänderungen gar nicht typisch, ebenso wenig wie für die Marke L’Occitane an sich. In den vergangenen Jahrzehnten entwickelte sich das Unternehmen stetig bergauf zu einem weltweiten Player in Sachen Naturkosmetik, zuletzt mit einem Jahresumsatz von fast zwei Milliarden Euro. Das brachte Geiger mittlerweile ein Vermögen von rund drei Milliarden Euro.

Große Visionen

Doch wie kam es dazu, dass ein Vorarlberger Haupteigentümer einer Kosmetikfirma wurde, die prototypisch für Frankreich und die dortige Lebensart steht? Begonnen hat die Geschichte von L’Occitane in den späten 1970er-Jahren in Manosque in der französischen Provence. Der ursprüngliche Gründer der Firma, Olivier Baussan, widmete sich dem Destillieren von ätherischen Ölen aus den Pflanzen der Region wie Rosmarin und Lavendel. Schritt für Schritt begann er mit der Herstellung von Seifen und Kosmetikprodukten und eröffnete 1981 seinen ersten Shop in Volx in der Haute Provence. Reinold Geiger wurde 1992 auf die kleine, bis dahin nicht besonders erfolgreiche Firma aufmerksam, die ganz nach Baussans Schöngeist ausgerichtet war.

Als sich die Wege der beiden kreuzten, hatte auch der Vorarlberger bereits einen interessanten Lebenslauf vorzuweisen. 1947 in Dornbirn geboren, wollte der begeisterte Skifahrer schon nach Schulabschluss hinaus in die weite Welt. Er studierte an der ETH Zürich Maschinenbau und ging nach Frankreich, wo er in den 1970er-Jahren verschiedene erste Firmen gründete, damit Erfolg erntete und ebenso floppte.

Im Jahr 1978 baute Geiger dann in Paris die Firma AMS auf, die sich auf Kosmetikverpackungen von Luxusmarken spezialisierte. Binnen zehn Jahren stand das Unternehmen äußerst gut da, doch den engagierten Geschäftsmann Geiger zog es weiter. Mit hohem Gewinn verkaufte er das Unternehmen und war mit Anfang 40 bereits Millionär. Wie in einem seltenen Interview zu hören ist, meinte er, dass ihn damals nach Jahren der Beschäftigung mit Verpackungen und Design auch die Produkte selbst zu interessieren begannen. Weiters beschreibt er sich dort als „Optimist“, der einfach gern wieder etwas Neues probieren wollte. Der erste Schritt war, zu investieren. Was es braucht, um Erfolg als Unternehmer zu haben, sei für ihn Überzeugung, ein Plan, an den man glaubt und der zudem auch realisierbar sei. Umgemünzt auf L’Occitane trifft das genau zu.

Nach seinem ersten Investment erkannte Geiger, dass sein Partner Baussan zwar sehr kreativ in der Herstellung von Produkten, aber kein guter Geschäftsmann war. So kaufte er 1994 die restlichen Anteile des Unternehmens, das damals einen Umsatz von rund acht Millionen Euro hatte und begann, seine Geschicke einzusetzen. Er hatte zwei Möglichkeiten: entweder Kosten reduzieren oder mehr Umsatz lukrieren. Geiger entschied sich für Zweiteres und entwickelte L’Occitane fortwährend weiter, heute zu einer weltweit bekannten Marke.

Schon lang bevor Nachhaltigkeit, soziales Bewusstsein oder ressourcenschonende Verarbeitung modern wurden, verschrieben sich sowohl der ursprüngliche Gründer von L’Occitane, Olivier Baussan, als auch Reinold Geiger ganz diesen Themen, mit großem Erfolg und weltweit mittlerweile 3400 Shops in 90 Ländern.

Markt und Marke vereint

Österreich-Chefin Elisabeth Hajek erinnert sich noch an ihre Anfänge im Unternehmen: „Ich habe L’Occitane und Olivier Baussan 1994 kennengelernt, doch der Markt war damals nicht reif für die Marke und die Marke nicht reif für den Markt. Niemand hatte zu der Zeit Interesse an Nachhaltigkeit, keiner dachte darüber nach, dass die Erde gibt und wir auch etwas zurückgeben sollten. Plastiktaschen waren für uns von Beginn an tabu, als kleines Beispiel unserer Philosophie.“ Für Hajek war klar, dass es Zeit brauchen wird, bis diese Art von Umweltbewusstsein in der Breite ankommen wird. Sie sah die Chance.

Bereits 1997 eröffnete sie in Graz die erste Österreich-Filiale, dabei lernte sie auch den CEO Reinold Geiger persönlich kennen. „Erste Vereinbarungen waren per Handschlag und während all diesen Jahren hat sich der Respekt und das Vertrauen aufrecht erhalten“, sagt Hajek. Ab dem Jahr 2000 wurden in Österreich dann weitere Geschäfte eröffnet und damit begonnen, Hotels und Apotheken zu beliefern. Auf höhere Rohstoffpreise reagierte sie mit drei Fillialschließungen an teuren Standorten und eröffnete zwei neue an günstigeren Adressen.

Blickt man auf den Milliardenumsatz, den die Gruppe weltweit erwirtschaftet, scheint es, dass der Nachhaltigkeitsgedanken von L’Occitane und der entsprechende Markt sich inzwischen gefunden haben.

In Zahlen

1,8 Milliarden Euro Umsatz schrieb L’Occitane weltweit im Jahr 2022.

242 Millionen Euro Jahresgewinn konnte die Gruppe für sich im Vorjahr verbuchen.

9042 Mitarbeiter hatte das Unternehmen 2022.

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