136 deutsche Wirtschaftsforscher, darunter ifo-Chef Hans-Werner Sinn und der frühere CDU-Ministerpräsident Georg Milbradt, protestieren gegen das unbegrenzte Anleihenkaufprogramm.
In einem Aufruf sprechen sich 136 Ökonomen gegen das unbegrenzte Anleihenkaufprogramm von EZB-Präsident Mario Draghi aus. Die Europäische Zentralbank betreibe verbotene Staatsfinanzierung, heißt es in dem Schreiben, das "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vorliegt. Die Anleihenkäufe seien rechtswidrig und ökonomisch verfehlt, kritisieren die Wissenschaftler. Die EZB rechtfertigt das umstrittene OMT-Programm mit geldpolitischen Zwecken. Die Unterzeichner des Protestbriefs sind anderer Meinung:
»Wenn die Anleihekäufe der EZB geldpolitisch motiviert wären, würde die EZB ein repräsentatives Portefeuille aller Staatsanleihen der Mitgliedstaaten oder auch privater Anleihen kaufen. Das tut sie aber nicht. Sie kauft nur Anleihen überschuldeter Mitgliedstaaten. Das ist monetäre Staatsfinanzierung.«
Zitat aus dem Ökonomenaufruf
Initiator ist der Mannheimer VWL-Professor Roland Vaubel, der sich auch der deutschen Verfassungsbeschwerde gegen das Anleihenkaufprogramm angeschlossenen hat. Zu den prominenten Unterzeichnern des Aufrufs zählen ifo-Chef Hans-Werner Sinn und der Finanzwissenschaftler und frühere CDU-Ministerpräsident von Sachsen, Georg Milbradt.
Auch der Doktorvater von Bundesbank-Chef Jens Weidmann, der Bonner Geldtheoretiker Manfred Neumann, hat den Aufruf unterschrieben. Erst vor kurzem gab er der "Presse" ein Interview, in dem er erklärte: "Die EZB muss gestoppt werden". Er sei sich nicht sicher, "ob sie nicht eine neue Machtposition in der EU anstrebt, indem sie fiskalpolitische Aufgaben übernimmt, die nicht ihre Sache sind." Sie habe ganz bewusst über die Bande gespielt, indem sie begonnen hat, Anleihen zu kaufen. Das sei nicht akzeptabel.
Verfassungsgericht entscheidet nach der Wahl
Ob das deutsche Verfassungsgericht auch dieser Überzeugung ist, wird sich bald zeigen. Ein Urteil über die Beschwerde zum Anleihenkaufprogramm wird nach der Bundestagswahl erwartet.
Der aktuelle Ökonomenbrief ist auch eine Reaktion auf einen Aufruf europäischer und amerikanischen Ökonomen, der die EZB bestärkt. Er wurde vor rund einem Monat von Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung initiiert. Darin heißt es, das OMT-Anleihenkaufprogramm sei "eine der geschicktesten und erfolgreichen" geldpolitischen Maßnahmen. Beschärnkungen würden nur eine "Einladung für Spekulanten" sein.
(Red.)