Handel: Zankapfel Samstagsarbeit

Zankapfel Samstagsarbeit
Zankapfel Samstagsarbeit(c) REUTERS (LISI NIESNER)
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Die von den Sozialpartnern ausgehandelte Erleichterung der Samstagsarbeit geht vielen Händlern nicht weit genug. Zu kompliziert, wenig attraktiv für Beschäftigte, heißt es.

Wien/Es. Vorwahlzeiten sind keine guten Zeiten für den Handel. „Wahlen sind schlecht für die Konsumentenstimmung“, sagt Handelsverband-Präsident Stephan Mayer-Heinisch. „Unsicherheiten, etwa Diskussionen über Steuererhöhungen, wirken sich negativ auf die Kauflaune aus.“ Trotzdem oder gerade deshalb wollen es sich auch die Händler nicht nehmen lassen, jetzt ihre Forderungen an die Politik zu stellen.

Und derer gibt es viele. Stichwort Arbeitszeitflexibilisierung. Den viel zitierten Zwölfstundentag will am Dienstag zwar niemand in den Mund nehmen. Aber ein flexiblerer Umgang mit der derzeitigen Zehn-Stunden-Maximalarbeitszeit pro Tag sei schon vorstellbar, findet etwa Sigrid Aibler, Country-Managerin von Yves Rocher, ohne jedoch konkret zu werden, in welcher Form.

Zu viel Papierkram

Nicht gerade begeistert sind die Händler von der Erleichterung der Samstagsarbeit für Handelsangestellte, die von Wirtschaftskammer und Gewerkschaft als Erfolg gefeiert wurde. Seit erstem September dürfen Handelsangestellte mehrere Samstage hintereinander arbeiten, dafür haben sie ein Recht auf bis zu fünf verlängerte Wochenenden pro Halbjahr.

„Die neue Regelung ist derart kompliziert, dass sie für uns nicht administrierbar ist“, kritisiert etwa Franz Schweighofer, Geschäftsführer des Spielzeughändlers Toys“R“Us. Es sei einfach nicht möglich, Dienstpläne 13 Wochen im Voraus zu planen, wie nun gesetzlich vorgeschrieben. Vorausplanen könne man drei bis maximal fünf Wochen. Für die Mitarbeiter wiederum gebe es keine erkennbaren Vorteile, aufgrund derer sich ein Umstieg lohnen würde: „Wir haben schon bisher verlängerte Wochenenden als Ausgleich für Samstagsarbeit.“

Da die Regelung optional ist, bleibt also de facto alles beim Alten. Eine Chance habe die neue Variante nur, wenn man sie radikal vereinfache, etwa, indem man die Hälfte der Samstage verbindlich freigebe, die Zeitplanung rundherum aber wesentlich flexibler mache, findet Schweighofer. Zwar sei die Samstagsreform ein erster Schritt in die richtige Richtung, betont Handelsverband-Geschäftsführerin Patricia Mussi. Allerdings: „Die Reformen sind zu wenig weitreichend. Und es geht uns nicht schnell genug.“ Schließlich kämpfe der Handel wegen des Strukturwandels (Online) mit verschärften Bedingungen.

Provision fördert Samstagsarbeit

Bettina Lorentschitsch, WKO-Bundesspartenobfrau Handel, beschwichtigt: „Es ist noch zu früh, die Samstagsregelung zu bewerten“. Auf jeden Fall gut angenommen werde die Flexibilisierung in provisionsgetriebenen Branchen, wie etwa im Möbel- oder Autohandel. Natürlich: Wer eine Provision bekommt, arbeitet lieber an kundenreichen Samstagen. Die vom Handelsverband ebenfalls geforderte Entrümpelung des Kollektivvertrages für Handelsangestellte sei avisiert, so Lorentschitsch. Mit dem Handelsverband einig ist man sich, was die Anpassung der Lohnkurven betrifft. Die Gehälter für Berufseinsteiger sollen aufgestockt werden, im Gegenzug die Gehaltskurve bei älteren Beschäftigten abflachen.

Politik der kleinen Schritte

Der Beginn der Diskussionen mit der Gewerkschaft sei Anfang 2014 geplant. Mit ausreichend zeitlichem Puffer zur Wahl. Denn Wahlen hemmen bekanntlich nicht nur die Konsumbereitschaft, sondern auch den Willen der Sozialpartner, sich auf Kompromisse einzulassen. Und die seien eben, so Lorentschitsch, unumgänglich.

Auf einen Blick

Samstagsarbeit. Seit 1. September ist eine neue – optionale – Regelung für die Samstagsarbeit in Kraft. Handelsangestellte können jetzt an mehreren aufeinanderfolgenden Samstagen arbeiten. Bisher musste auf einen Arbeitssamstag ein freier Samstag folgen. Im Gegenzug werden den Beschäftigten fünf verlängerte Wochenenden pro Halbjahr angeboten. Der Handelsverband kritisiert diese Regelung. Händler würden klagen, dass die Administration zu aufwendig sei. Beschäftigte fänden das Angebot ebenfalls wenig attraktiv.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2013)

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