Die Krisenländer können vom schwedischen Beispiel lernen. Eine Sanierung braucht ein Bündel von Maßnahmen und einen Umbau des Staats.
Wien. So falsch es ist, singuläre Ursachen für eine Schuldenexplosion zu suchen, so unsinnig ist es, mit einzelnen linearen Sparmaßnahmen zu versuchen, einen öffentlichen Haushalt zu sanieren. Es braucht ein ganzes Bündel an Maßnahmen – immer abgestimmt auf nationale Gegebenheiten. In der Vergangenheit haben Länder wie Schweden oder Kanada vorgelebt, dass es erfolgreiche Wege aus der Überschuldung gibt.
Anfang der 1990er-Jahre kam in Schweden vieles zusammen: Eine Kredit- und Immobilienblase platzte, die Banken mussten gerettet werden, die Arbeitslosigkeit stieg. Es war eine dramatische Situation, und das Problem lag nicht allein an dem gut ausgebauten Sozialstaat, wie einige internationale Wirtschaftsexperten rasch behaupteten. Die Krise hatte mit den Verwerfungen im internationalen Finanzsystem zahlreiche Ursachen. Dennoch gelang es Schweden innerhalb von wenigen Jahren, seinen Haushalt zu sanieren. Das in Stockholm entwickelte Maßnahmenbündel könnten sich Euro-Krisenländer heute zum Vorbild nehmen.
Gespart wurde zwar auch im Sozialsystem. Es wurden Arbeitslosen-, Kranken- und Kindergelder gekürzt. Es wurde das Pensionssystem umgebaut. Mittlerweile werden in Schweden deutlich höhere Pensionsbeiträge als in Österreich gezahlt. Es wurden aber auch temporär Steuern erhöht, und der Transfer an die Gemeinden wurde verringert. Um solche Eingriffe in das staatliche System zu ermöglichen, wurden die Kompetenzen des Finanzministeriums gestärkt. Der Staat wurde umgebaut und schlanker gemacht.
Besseres internationales Umfeld
Schweden hat aber auch von der Abwertung der Krone profitiert – eine Option, die bei vielen Krisenländern der Eurozone wegfällt, außer sie verlassen den gemeinsamen Währungsraum. Die Abwertung half Schweden, die Exporte zu steigern. Und es gab im Unterschied zur Situation der Euro-Krisenländer ein internationales Umfeld, in dem es noch boomende Volkswirtschaften gab. Schweden erreichte Anfang der 2000er-Jahre sogar ein Wachstum, das über jenem Deutschlands lag.
Da es in der Eurozone heute schlechtere Rahmenbedingungen gibt, braucht es laut Experten wie jenen des deutschen Wirtschaftsweisenrats zusätzliche Hilfe. Eine genannte Option ist die Schaffung eines Schuldentilgungsfonds. Die Idee ist, dass in einem solchen Fonds alle Euroländer ihre Schulden, die ein Maß von über 60 Prozent des BIPs übersteigen, parken. Ziel ist es, die Schulden systematisch abzubauen und im Gegenzug allen beteiligten Ländern niedrige Zinsen zu garantieren. Ähnlich wie beim Euro-Rettungsschirm wären allerdings gemeinsame Haftungen notwendig. Um ein Sicherheitsnetz für reichere Länder einzuziehen, dürften Teilnehmerländer nur so lange ihre Schulden in diesem Fonds parken, wie sie die Sanierung fortsetzen. Gelingt das nicht mehr, müssten sie ihre Staatsanleihen umgehend wieder zu höheren Zinsen allein auf dem Markt platzieren. Die Laufzeit des Schuldentilgungsfonds wäre auf 25 Jahre begrenzt.
Das Beispiel Schweden zeigt aber auch, dass ein Schuldenabbau meist mit einem Wertverlust der Währung einhergeht. Dies dürfte laut vielen Experten längerfristig auch beim Euro geschehen, doch sollte dieser Wertverlust (das Weginflationieren von Schulden) in einem engen Rahmen bleiben. Denn der positive Effekt billigerer Exportgüter wäre in der Eurozone äußerst gering. Ein Großteil der Exporte der Euroländer wird in der eigenen Währungszone abgewickelt. Ein Exportimpuls wäre lediglich für das Geschäft mit Drittländern möglich.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2013)