Station Viktor-Adler-Markt: Jetzt kocht Umars Bruder

Fischrestaurant UMRAR
Fischrestaurant UMRAR(C) UMRAR
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Gökhan Umar hat ein Fischlokal eröffnet, beliefert wird es vom Lokal auf dem Naschmarkt. Er selbst plant das nächste Projekt.

Gökhan Umar verspätet sich. Nicht nur ein bisschen, sondern gleich eine gute halbe Stunde. „Es tut mir leid, ich war noch schnell einkaufen“, sagt Umar während er freundlich grüßt. Das hätte er nicht dazusagen müssen, das sieht man. Ein Mitarbeiter öffnet den Kofferraum einer schon etwas in die Jahre gekommenen Durchschnittslimousine. Was da zum Vorschein kommt, hat rein gar nichts mit dem zu tun, was sich ein Durchschnittswiener unter „schnell einkaufen“ vorstellt.

Das Auto sinkt hinten ob der schweren Last nach unten, der Kofferraum ist prall gefüllt mit Fischen und Meeresfrüchten, gepackt in Plastiksäcke. Ein anderer Mitarbeiter eilt herbei und hievt die Schätze auf einen Holzwagen. „Die hab ich gerade vom Naschmarkt geholt, von meinem Bruder“, sagt Gökhan Umar. Auch das hätte er nicht dazusagen müssen.

Das Fischrestaurant und das dazugehörige Geschäft, die beide sein Bruder Ercan Umar (anfangs mit seiner Unterstützung) betreibt, sind bekannt. Das Umar auf dem Naschmarkt hat, wenn man so will, die Gastrowelle auf dem Naschmarkt eingeläutet. Jetzt hat Gökhan Umar nach einer dreieinhalbjährigen Pause in der Türkei – „im Winter war ich jagen, im Sommer fischen“– auf dem Viktor-Adler-Markt ein zweites Umar eröffnet. Was das für den Markt in Favoriten bedeutet, wird sich weisen. Bis jetzt sind hier jene Menschen, die den Naschmarkt, den Karmelitermarkt und mittlerweile auch der Vorgartenmarkt bevölkern, eher die Ausnahme. Wobei Umar meint: „Wir haben jetzt drei Wochen offen, am Anfang waren die Leute vom Naschmarkt da, jetzt kommen auch die Leute aus der Umgebung.“

Seezunge statt gefüllter Erdäpfel

Warum er ausgerechnet den Viktor-Adler-Markt ausgewählt hat? „Es ist ein schöner Platz und ein schöner Markt. Außerdem gibt es im Zehnten kein Fischlokal“, sagt Umar, um dann doch anzumerken, dass es sicher ein „schwieriger Bezirk“ sei. Aber: „Wenn ich gut bin, schaffen wir das wie auf dem Naschmarkt.“

Dass er selbst, gemeinsam mit seinem Bruder, auf den Fisch gestoßen ist, war eigentlich Zufall. „Ich habe an der TU Informatik studiert, daher kannte ich den Naschmarkt.“ Eigentlich wollten die Brüder 1996 auf dem Naschmarkt etwas anderes verkaufen, nämlich gefüllte Erdäpfel, wie man sie von Weihnachtsmärkten kennt. Das Marktamt machte dem allerdings einen Strich durch die Rechnung. „Es gab dort früher acht Fischgeschäfte, dann nur noch zwei, also haben sie gesagt, wir sollen Fisch verkaufen, da gibt es kaum Konkurrenz.“ Dass die Brüder ausgerechnet neben einer Nordsee-Filiale eröffneten, war übrigens kein Nachteil. „Ich kann mich noch erinnern, wie der erste Kunde wollte, dass ich eine Seezunge filetiere. Ich wusste nicht, wie das geht, also ging ich nach der Arbeit zur Nordsee. Der Geschäftsführer zeigte es mir, nachdem ich ihm zwei Bier bestellt hatte, dann sagte er immer alles. Das war eine lustige Zeit“, erinnert sich Umar.

Den Rest hat er sich selbst beigebracht. „Lachs zum Beispiel hab ich überhaupt nicht gekannt, den gibt es ja in der Türkei nicht“, sagt der 45-Jährige, der die ersten 20 Jahre seines Lebens in Istanbul verbracht hat. 14 Jahre haben die beiden Brüder auf dem Naschmarkt gemeinsam gearbeitet, dann ist Gökhan zurück in die Türkei, nach Bodrum, gegangen. „Ich habe eine Pause gebraucht und gelebt wie ein Pensionist.“ Dreieinhalb Jahre lang ging das gut, dann kam die Langeweile, der Wunsch, wieder zu arbeiten – und der Viktor-Adler-Markt.

„Ich glaube, der Bezirk hat wegen des neuen Bahnhofs Zukunft“, sagt Umar, der schon die nächsten Pläne schmiedet. Ihm schwebt eine Kette an Delikatessengeschäften vor, wo – ähnlich dem Henry – Convenience und Take-away-Produkte zum Thema Fisch geboten werden. Insgesamt hätte er gern zehn solcher kleiner Shops, die er Umar Gourmet nennen möchte, zwei oder drei davon im ersten Bezirk. Wann es so weit sein wird? „Nach Weihnachten.“

ZUR PERSON

Gökhan Umar (45) verbrachte die ersten 20Jahre in Istanbul. Dann kam er nach Wien, um an der Technischen Universität Informatik zu studieren. Gemeinsam mit seinem Bruder Ercan eröffnete er 1996 auf dem Naschmarkt ein Fischgeschäft und Restaurant, das Umarfisch am Naschmarkt. Die letzten dreieinhalb Jahre zog sich Gökhan Umar zurück, um in der Türkei eine Auszeit zu nehmen. Anfang September hat er auf dem Viktor-Adler-Markt ein Fischrestaurant eröffnet, das Umar. Er plant bereits das nächste Projekt: eine Kette an Delikatessenläden namens Umar Gourmet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2013)

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