ORF: Widerstand gegen Regierungspläne

Redakteursrat formiert sich gegen
Redakteursrat formiert sich gegen(c) APA (Techt Hans Klaus)
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SPÖ und ÖVP wollen angeblich eine Doppelspitze für den ORF, der Redakteursrat wehrt sich dagegen – mit Unterstützung der Grünen.

Die ORF-Journalisten warnen vor einem Rückfall in alte Proporz-Zeiten und kündigen Widerstand gegen entsprechende kolportierte Pläne von SPÖ und ÖVP an. Diese sollen angeblich eine Änderungen in der ORF-Führung und die Installierung eines Zweiervorstands mit einem in einen "roten" und "schwarzen" Chef anstreben. Der derzeitige ORF-Geraldirektor Alexander Wrabetz gilt als SPÖ-nahe, Finanzdirektor Richard Grasl soll von der ÖVP für höhere Weihen vorgesehen sein. "Anstatt der angekündigten Ent-Parteipolitisierung schaut es derzeit nach Partei-Proporz aus", gab der Redakteursrat am Mittwoch bekannt. "Dagegen werden die Journalistinnen und Journalisten des ORF ankämpfen, egal von welcher Partei die Begehrlichkeiten kommen." Die Grünen stellten sich am Donnerstag hinter den Redakteursrat.

"Kanzler und Vizekanzler suchen Schuldigen für Verluste"

Die Regierung habe "keinerlei Interesse an einem starken, strukturell unabhängigen ORF hat", meint der grüne Mediensprecher Dieter Brosz. Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) betreiben ihm zufolge "absurdes Theater und suchen jetzt im ORF den Schuldigen für ihre Verluste bei der Nationalratswahl. Statt durch einen raschen Neustart in zentralen Zukunftsfragen zu zeigen, dass sie wirklich anders regieren wollen, scheint das Hauptinteresse von SPÖ und ÖVP derzeit darin zu liegen, den ORF gefügig zu machen."

Die Grünen fordern, bei einer ORF-Reform politisch unabhängige Gremien anzugehen. "Unser zentrales Ziel ist ein Stiftungsrat, der nicht durch die politischen Parteien oder die Regierung besetzt wird", so Brosz weiters. Als Idealmodell bezeichnete er einen "sich selbst erneuernden Stiftungsrat, der erstmals von einem zivilgesellschaftlich besetzten Gründungskonvent gewählt wird". Einmal bestellte Stiftungsräte sollten zudem nur um maximal eine Periode verlängert werden können. Nur dadurch sei die politische Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Senders zu garantieren.

Zechner wegen der TV-Duelle ablösen?

Die Regierungsspitzen hatten in Folge der Causa Pelinka eine ORF-Reform mit mehr Unabhängigkeit angekündigt. Seit diesem Versprechen sei "wenig bis nichts geschehen", kritisiert der Redakteursrat.

Kolportiert werden auch Ablösegerüchte um Fernseh-Direktorin Kathrin Zechner. "Offenbar sehen SPÖ und ÖVP den großen Erfolg der ORF-Wahlberichterstattung beim Publikum als einen wesentlichen Faktor für die Stimmen-Verluste ihrer Parteien", kritisiert der Redakteursrat. "Angekreidet wird Zechner, dass der Opposition zu viel Redezeit eingeräumt wurde. Das ORF-Publikum war zufrieden mit unserer Berichterstattung - die Regierungsparteien hingegen weniger. Die zuständige Direktorin - trotz hoher Zuschauerquote - abzulösen, wäre ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Zechner lässt die Journalistinnen und Journalisten unbeeinflusst arbeiten. Und hat sich damit offenbar den Unmut der Regierung zugezogen."

Die ORF-Journalisten fordern darüber hinaus eine nachhaltige und langfristige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. "Inhaltliche Unabhängigkeit kann es nur mit finanzieller Unabhängigkeit geben. So lange der ORF-Generaldirektor dazu gezwungen wird, mit dem Hut in der Hand vorstellig zu werden, so lange sind partei-politischen Begehrlichkeiten Tür und Tor geöffnet. Denn wenn die Berichterstattung nicht so ausfällt, wie es den Regierenden gefällt, wird dem ORF der Geldhahn zugedreht."

"ORF ist kein Regierungs-Funk"

Der ORF sei jedenfalls für das Publikum da, nicht für die Parteien, erklären die ORF-Journalisten. "Unabhängige Berichterstattung und Glaubwürdigkeit sind unser höchstes Gut. Das hat sich unser Publikum verdient. Und keinen Regierungs-Funk, wie ihn sich SPÖ und ÖVP wünschen."

(APA)

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