Andreas Bierwirth: "Man hat die Unternehmen erpresst"

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T-Mobile-Chef Andreas Bierwirth kritisiert die Regulierungsbehörde wegen der hohen Kosten der Frequenzen scharf. Die Handytarife werden steigen - auch, weil die EU die Roaminggebühren abschaffen will.

Die Presse: Die Frequenzauktion hat zwei Mrd. Euro in die Staatskassen gespült - viermal so viel wie das Mindestgebot. Sie haben die Auktion scharf kritisiert. Was ist schiefgelaufen?

Andreas Bierwirth: In Österreich ist der wirtschaftliche Druck auf die Betreiber schon durch den Preiskampf enorm – wir haben die niedrigsten Handytarife in ganz Europa. Jetzt hatten wir die teuerste Auktion. Es hat sich herausgestellt, dass wir in der Auktion nicht um das Funkspektrum bieten mussten, sondern um unsere Existenz. Es stand ja das gesamte benötigte Funkspektrum zur Auktion. Man hat die Unternehmen mit dem Fortbestand ihrer Existenz erpresst.

Hat die Politik den hohen Preis vorgegeben?

Die Regulierungsbehörde ist das Risiko ganz bewusst eingegangen – konträr zum politischen Willen. Wir hatten im Vorfeld Gespräche mit Politikern und man hat uns zugesichert, dass man zwar an der Auktion verdienen möchte, aber einen normalen, gemäßigten Ausgang erwartet, damit die Industrie in Österreich wieder auf die Beine kommt. Die Experten der Behörde haben der Politik offenbar vermittelt, dass die Auktion moderat ausgehen wird.

Kritiker meinen, die Bewerber Telekom Austria, T-Mobile und Hutchison hätten ja nicht so hoch lizitieren müssen.

Im Unterschied zu anderen Auktion wusste man nicht, was die anderen bieten. Außerdem zahlte man nicht, was man selbst geboten hatte, sondern die anderen. Das war das Besondere des Verfahrens. Hätten wir also 500 Mio. Euro geboten und die anderen eine Mrd., hätten sie nur 500 Mio. bezahlt und wir hätten die Auktion nicht überlebt. Es gab einen Moment, da war es knapp: Hätten wir um nur etwa 20 Mio. Euro weniger geboten, wären wir wahrscheinlich aus dem Markt geflogen. Hier wurde ganz bewusst mit den Unternehmen gespielt, um die Erlöse zu maximieren. Außerdem hat man zugelassen, dass ein einzelner Bieter (Telekom Austria, Anm.) 50 Prozent der Kapazität kaufen konnte.

Die hohen Kosten der Frequenzauktion haben die Konzernspitze in Deutschland alarmiert?

Sollten andere Länder auf die Idee kommen, Frequenzen auf diese Weise zu versteigern, dass sie Unternehmen mit ihrer Existenz erpressen, schädigt das das Image Europas. In der Slowakei ist die nächste Auktion in Vorbereitung und dort wird dasselbe Verfahren wie in Österreich eingesetzt. Unsere Konzernmutter fürchtet, dass dort Österreich als Vorbild genommen wird.

Infrastrukturministerin Doris Bures will die Hälfte des Erlöses für den Breitbandausbau einsetzen. Das ist doch positiv?

Sehr. Ich gehe davon aus, dass das auch für die nachfolgende Regierung noch bindend ist.


Die Frequenzen bilden auch die Basis für die vierte Handygeneration LTE, mit der Breitband schneller wird. Verzögert sich der Ausbau des Netzes wegen der teuren Frequenzen?

Mit der angekündigten Förderung kann ein schneller Ausbau finanziert werden. In der Vergangenheit waren Breitbandförderungen meist so ausgeschrieben, dass sie zu 90 Prozent an die Telekom gingen. Diesmal müssen alle drei davon profitieren. Ideal wäre, wenn ein vierter Player die Funkmasten aufstellt und wir drei zu fairen Bedingungen diese Infrastruktur nutzen können. Die Telekom hat früher meist prohibitiv hohe Mautgebühren verlangt.

Bis wann soll LTE flächendeckend ausgebaut sein?

Ende 2015 – das entspricht auch den Plänen der Mitbewerber.

Wie viel investiert T-Mobile in den LTE-Ausbau?

Pro Jahr sind es etwa 100 Millionen Euro.

Wie sehen Sie das Kräfteverhältnis der österreichischen Mobilfunker in den nächsten Jahren?

Kurzfristig wird sich die Auktion nicht auswirken. Mittelfristig wird aber ein Bewerber ganz große Probleme bekommen. Hutchison hat keine 800-Megahertz-Frequenzen ersteigert.

Wie sehen Sie die Mobilfunkstrategie der EU? Sie will ja bis 2016 die Roaminggebühren komplett abschaffen.

Darüber werden sich die Kunden nicht lange freuen. Österreich ist ein Tourismusland, wir Mobilfunker haben daher Roamingeinnahmen, die den Erlösverfall infolge des wettbewerbsbedingten Preisdrucks teilweise kompensieren. Wenn das wegfällt, steigt der Preisdruck noch mehr. Und jetzt müssen wir auch die teuren Frequenzen verkraften.

Die Handytarife werden steigen?

Davon kann man ausgehen.

ZUR PERSON

Andreas Bierwirth ist seit einem Jahr Chef von T-Mobile Austria. Der Deutsche studierte nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann Betriebswirtschaftslehre an der Universität Münster. Nach verschiedenen Funktionen bei Germanwings war er bei der Lufthansa für Marketing zuständig. 2008 wechselte Bierwirth, der auch den Pilotenschein hat, als Vorstand zur AUA.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2013)

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