Ägypten: Prozess gegen Muslimbrüder geplatzt

Mohammed Badie, der inhaftierte Führer der Muslimbrüder
Mohammed Badie, der inhaftierte Führer der MuslimbrüderREUTERS
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Die Richter erklärten sich für befangen und legten am Dienstag ihr Mandat "aus Gewissensgründen" nieder. Führende Muslimbrüder bleiben aber in Haft, der Prozess gegen Ex-Präsident Mursi soll plangemäß beginnen.

Knalleffekt im Prozess gegen führende Mitglieder der ägyptischen Muslimbrüder: Die drei zuständigen Richter zogen sich am Dienstag aus dem Verfahren "aus Gewissensgründen" zurück. Sie erklärten sich für "befangen", ohne allerdings näher auszuführen, warum.

Zuvor hatten die Richter aber noch angeordnet, dass die führenden Mitglieder der Muslimbrüder, darunter deren Führer Mohammed Badie, vorerst weiter in Haft bleiben sollen. Badie, seinen Stellvertretern und weiteren 32 Mitangeklagten wird Anstiftung zum Mord vorgeworfen. Dafür kann in Ägypten die Todesstrafe verhängt werden. Konkret geht es um den Tod von neun Demonstranten vor dem Hauptquartier der Muslimbrüder in Kairo, verursacht offenbar von Sicherheitsleuten der Organisation.

Prozess gegen Mursi soll Montag beginnen

Das Militär hatte nach Massendemonstrationen Anfang Juli den gewählten Präsidenten Mohammed Mursi, der aus den Reihen der Muslimbrüder stammt, gestürzt und eine Übergangsregierung eingesetzt. In der Folge hat die Justiz zu einem Rundumschlag gegen die Muslimbrüder ausgeholt und deren führende Mitglieder verhaften lassen. Auch Mursi befindet sich im Gefängnis. Vergangenen Monat wurde dann die Muslimbruderschaft als Organisation verboten, ihre Besitztümer beschlagnahmt.

Unabhängig von dem nun geplatzten Verfahren, für das erst ein neuer Richtersenat bestimmt werden muss, ist der Prozess gegen Mursi. Der soll - nach derzeitiger Planung - am kommenden Montag beginnen. Mursi bestreitet die Rechtmäßigkeit des Gerichts und will folglich auch auf jeden Rechtsbeistand verzichten. Seine Anwälte würden zwar den Prozess beobachten, den Angeklagten aber nicht verteidigen hieß es auf der Internetseite der Muslimbrüder. 

Die meiste Zeit in der Illegalität

Die 1928 gegründete Bruderschaft war während der meisten Zeit ihres Bestehens verboten. Lediglich in den letzten Jahren der Herrschaft des 2011 gestürzten Präsidenten Hosni Mubarak war sie geduldet. Nach seinem Sturz im Zuge des Arabischen Frühlings wurde sie legalisiert und konnte sogar eine Partei gründen, mit der sie erfolgreich die Parlamentswahlen rund um den Jahreswechsel 2011/2012 bestritt. Mit Mohammed Mursi brachte sie wenig später auch einen der ihren ins Präsidentenamt.

Nach Mursis Absetzung im Juli richteten die Anhänger der Bruderschaft in Kairo mehrere Protestcamps ein, bei deren brutaler Räumung durch die Sicherheitskräfte Mitte August hunderte Menschen getötet wurden, die meisten davon Mitglieder oder Anhänger der Muslimbrüder.

(APA/AFP/Red.)

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