Nestroy: Galanacht für die Puppe und den Billeteur

Nestroy Galanach
Nestroy Galanach(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
  • Drucken

Mini-Bühnensturm und doch etwas Kritik: Jelinek kritisierte den Vertragspartner der Bundestheater, der Theater-der-Jugend-Chef die Sparpolitik.

Später, an der Bar, formulierte es am Montagabend eine Besucherin so: „Ich habe mich heute in Sunnyi Melles verliebt.“ Man kann das verstehen. Burgschauspielerin Melles moderiert die 14. Nestroy-Gala in der kühlen Stadthalle charmant und in Pannenmomenten sogar witzig. Vor allem Lotterien-Vorstandsdirektor Friedrich Stickler wird der Abend in Erinnerung bleiben. Erst rauschte sein Mikrofon arg (Melles trocken: „Das ist der Sturm“), dann forderte sie ihn auf: „Holen Sie ihn wieder raus.“ Lachen im Auditorium. Gemeint war der Spickzettel.Ansonsten: viele junge Menschen auf der Bühne. Die Studenten des Max-Reinhardt-Seminars wurden in die Gestaltung des Abends einbezogen – eine Anspielung auf den 140. Geburtstag Reinhardts. Sie durften auch die Preiskategorien ankündigen. Die Hauptpreise des Abends wurden diesmal recht gleichmäßig auf die Häuser verteilt: Beste Schauspielerin wurde Christiane von Poelnitz („Elektra“, Burg), bester Schauspieler Gregor Bloéb („Jägerstätter“, Josefstadt), der Regiepreis ging an Michael Thalheimer (wieder „Elektra“), den Nachwuchs-Nestroy erhielt Stefan Rosenthal („Wie man unsterblich wird“, Theater im Zentrum).

Und sonst? Große Worte? Botschaften? Die kamen erst gegen Ende, dann aber in mehrfacher Ausführung. Das gilt vor allem für die Debatte um den Sicherheitdienstleister G4S. Was bei einem Jubiläumskongress des Burgtheaters im Oktober seinen Anfang genommen und bis nach Deutschland Wellen geschlagen hatte, fand Montagabend seine Fortsetzung. Damals hatte Billeteur Christian Diaz die Bühne geentert, um den Vertrag zwischen dem Burgtheater und dem britisch-dänischen Konzern G4S zu kritisieren. Dieser ist seit 1996 formeller Arbeitgeber des Publikumsdienstes (z.B. der Billeteure) der Bundestheater. Gleichzeitig betreibt G4S Gefängnisse (in Österreich wird man ein Schubhaftzentrum betreuen), international steht G4S dabei in Sachen Menschenrechte in der Kritik (die das Unternehmen jedoch zurückweist). Bei der Nestroy-Gala griff erst der abwesende Burgtheater-Chef Matthias Hartmann das Thema auf. In seiner dort verlesenen Laudatio auf Elfriede Jelinek – sie bekam den Autorenpreis – gab er Diaz recht: „Ihm gebührt ein Nestroy.“ Was wohl nicht von ungefähr kommt. Denn auch in Jelineks Rede „Meine gute Textwurst“, die eingespielt und von einem Puppenspieler vorgetragen wurde, spielten Diaz und G4S eine Rolle. Diaz stürmte dann auch noch selbst die Bühne: Er forderte die Bundestheater-Intendanten auf, es Hartmann gleichzutun. Wobei: Was heißt das? Zuletzt sah man von Bundestheater-Seite keinen Anlass, die Verträge mit G4S zu kündigen.

Kritik brachte dann auch Theater-der-Jugend-Intendant Thomas Birkmeir (Spezial-Nestroy) an: Seit 1999 seien die meisten Theatersubventionen um bis vierzig Prozent gekürzt worden – „untragbar für eine Kulturnation“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Bühne

Nestroy: Jelineks Rede im Wortlaut

Die Nobelpreisträgerin wurde als beste Autorin ausgezeichnet und schickte eine "Textwurst".
NestroyGala Buehne geentert Politik
Bühne

Nestroy-Gala: Bühne geentert, Politik gerügt, Jelinek "verpuppt"

Christiane von Poelnitz und Gregor Bloeb wurden als beste Darsteller geehrt. Elfriede Jelinek holte ihren Autorenpreis nicht persönlich ab. Der ehemalige Burg-Billeteur Christian Diaz enterte erneut die Bühne.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.