Teheran will offenbar besser mit der Wiener Atomenergiebehörde IAEA kooperieren.
Wien/Teheran. Jahrelang war der Atomstreit mit dem Iran hoffnungslos festgefahren, und es schien, als müsste sich die Welt entweder mit einer iranischen Atomwaffe abfinden oder mit einem israelischen Angriff auf die iranischen Atomanlagen, beides mit unwägbaren Konsequenzen.
Doch nun, nach dem Amtsantritt des iranischen Präsidenten Hassan Rohani, hat sich eine Dynamik entwickelt, und fast im Tagesrhythmus gibt es Fortschritte: Die Verhandlungen zwischen den fünf UN-Vetomächten plus Deutschland mit dem Iran gingen am Sonntag zwar ohne Vereinbarung zu Ende, aber nach übereinstimmenden Aussagen der beteiligten Außenminister ist eine Zwischenlösung in greifbarer Nähe.
Bereits am Montag kam die nächste Erfolgsmeldung: Yukiya Amano, Generalsekretär der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), war nach Teheran gereist, um über eine verbesserte Kooperation zu verhandeln. Das entsprechende Papier war aber offenbar unterschriftsreif vorbereitet worden, sodass Amano und Ali Akbar Salehi, Chef der iranischen Atombehörde, den „Fahrplan zur Zusammenarbeit“ bereits der Öffentlichkeit präsentieren konnten.
Inspektion in Parchin unsicher
Wobei das Wort Fahrplan mehr verspricht, als das Papier hält, denn manches ist bewusst vage gehalten, vor allem in Bezug auf eine mysteriöse Anlage in Parchin. Es handelt sich dabei um eine Militäranlage, die nicht offiziell zum Nuklearprogramm gehört. Westliche Staaten haben aber offenbar Hinweise, dass dort geheime Atomaktivitäten stattfinden. Bisher hat der Iran Inspektionen in Parchin ausgeschlossen. „Dinge, die nicht direkt atomarer Natur sind“, würden „in einer späteren Phase“ angegangen, sagte Salehi nun. Das ist kein kategorisches „Nein“ mehr – eine Zusage von Inspektionen in Parchin freilich auch noch nicht.
Inspiziert werden soll laut dem Fahrplan allerdings der Schwerwasserreaktor in Arak. Dieser könnte nach seiner Fertigstellung waffenfähiges Plutonium erzeugen. Arak war auch einer der Punkte, an denen die Genfer Verhandlungen vorerst scheiterten. Frankreich hatte offenbar im Gegensatz zu den anderen 5+1-Vertretern einen kompletten Baustopp verlangt, wozu der Iran nicht bereit war.
Im westlichen Lager war man am Montag peinlichst darum bemüht, den Eindruck zu korrigieren, es gebe da irgendwelche Differenzen. Noch am Sonntag war durchgesickert, dass es große Verärgerung über die kompromisslose Haltung von Frankreichs Außenminister, Laurent Fabius, gebe. Berlin lobte am Montag aber ausdrücklich die „konstruktive Haltung“ Frankreichs, und US-Außenminister Kerry sagte, es hätte keine Unstimmigkeiten gegeben.
Tauwetter Iran – London
Durch die Einigung mit der IAEA hat der Iran zunächst sein Image gestärkt. Die Botschaft: Man kann mit der neuen Führung Abkommen aushandeln. Das Urteil der IAEA, ob das iranische Atomprogramm eine militärische Schlagseite hat oder nicht, ist entscheidend für das Vorgehen des UN-Sicherheitsrates. Der hat bisher mehrere Runden von Sanktionen verhängt, weil der Iran nicht ausreichend mit der IAEA kooperierte und Zweifel nicht ausräumen konnte.
Eine Annäherung gab es am Montag auch zwischen dem Iran und Großbritannien: Zwei Jahre nach dem Sturm von Demonstranten auf die britische Botschaft in Teheran, die daraufhin geschlossen wurde, hat London wieder einen Geschäftsträger ernannt. Er soll aber vorerst noch nicht im Iran residieren sondern nur regelmäßig dorthin reisen. (ag./hd)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2013)