Gassenlokal statt Grand Hotel: Herr Sakai kocht zu ebener Erd

Hiroshi Sakai, Grand Hotel
Hiroshi Sakai, Grand Hotel(C) Grand Hotel
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Hiroshi Sakai hat nach 15 Jahren als Küchenchef im Unkai im Wiener Grand Hotel die Nähe zum Gast gesucht und sich selbstständig gemacht.

Hiroshi Sakai wollte näher an die Österreicher heran. „Die Hotelküche ist so abgehoben und so weit weg von den Österreichern. Ich war in einem Fünfsterne-Restaurant im siebten Stock, da hat man nicht viel Kontakt zum Gast“, sagt der japanische Spitzenkoch, der die letzten 15 Jahre im Unkai im Wiener Grand Hotel gekocht hat.

Jetzt ist der 56-Jährige, der der Liebe wegen nach Wien gekommen ist, den Österreichern einen ordentlichen Schritt nähergekommen und hat vor Kurzem ein Ecklokal eröffnet – und zwar nicht im siebten Stock, sondern zu ebener Erd, genau genommen an der Ecke Florianigasse/Lederergasse im achten Bezirk. „Es ist erst seit Kurzem offen, aber sehr gut besucht, damit hätten wir nicht gerechnet“, sagt Sakais Frau, Angela Kramer, die ihren Mann vor allem bei Sprachproblemen unterstützt, obwohl Herr Sakai eigentlich außerordentlich gut Deutsch spricht. Nur wenn sie in der Nähe ist, dann geht er lieber auf Nummer sicher und lässt übersetzen.

Gegrillt, gekocht und mit viel Sake

„Es gibt in der Welt vier große Küchen“, sagt Sakai, während seine Frau einem Lieferanten ein paar Anweisungen gibt. „Die französische, die italienische, die chinesische und die japanische.“ Und genau Letztere will Sakai, wenig verwunderlich, den Österreichern näherbringen. „Die Betreuung beginnt, wenn der Gast bei der Tür hereinkommt, oder eigentlich wenn er anruft. Ich will, dass die Leute es sich gut gehen lassen.“ Das dürfte angesichts der umfassenden Speisekarte, die weit mehr als Sushi bietet, und der Hingabe, mit der Sakai ans Werk geht, nicht schwierig werden.

„Es ist gut, dass die chinesischen Lokale so viel Sushi gemacht haben. Vor 20 Jahren hat niemand Sushi gekannt, aber es gibt viel mehr“, erklärt der Spitzenkoch. Also bietet er in seinem Restaurant – das nach seinem Nachnamen benannt wurde – eben alles, was ein typisches japanisches Restaurant („Kappo“ genannt) bietet: Gerichte nämlich, die mit verschiedenen Küchentechniken zubereitet wurden. „Gebacken, gegrillt, gekocht, gedämpft, Ramien-Nudeln oder eine Mischung. Ich nehmen Produkte aus Österreich und bereite sie japanisch zu“, sagt Sakai, der mittlerweile die Scheu vor der deutschen Sprache verloren hat und nicht mehr auf die Übersetzung wartet. Wobei ganz so streng nimmt er das mit der Regionalität nicht, der Lachs kommt aus Schottland, die Goldbrasse und der Steinbutt sind aus Italien. „Ich möchte auch Saibling verwenden, in Japan gibt es ja auch viele Flüsse.“ Die Speisekarte wechselt alle drei Monate.

Besonders beliebt sind derzeit etwa die Gerichte „Namagaki no Sakaifu Cocktailsauce“ (rohe Austern mit scharfer Sauce aus Tomaten, Chilli und Zwiebeln) oder „Kani Toujimushi“ (Yubateigtaschen gefüllt mit Krabbenfleisch und Gemüse, Tempurasauce und Karashi). Oder auch die Menüs, die in einer Box serviert werden.

Kaum beginnt Hiroshi Sakai darüber zu plaudern, gerät er schon über das Chefdegustationsmenü Kaiseki ins Schwärmen und holt plötzlich eine Art Kaffeekocher aus der Küche. Das Gerät hat er umfunktioniert und verwendet es, um eine Suppe aus Seetang, getrocknetem Fisch, Sake, Salz und heller Sojasauce herzustellen. Und kaum ist das Stichwort Sake gefallen, muss Herr Sakai noch einmal zurück in die Küche um zwei seiner Schätze zu holen. Er hat nämlich neben dem Anliegen, dem Österreicher die japanische Küche näherzubringen, noch ein zweites: „Ich will Sake in Österreich populär machen.“ Die Auswahl von gut einem Dutzend verschiedener Reisweinsorten soll in Zukunft noch vergrößert werden. „Ich will, dass die Leute verstehen, dass man ihn wie Wein verwenden kann. Es gibt viele verschiedene Geschmacksrichtungen“, sagt Herr Sakai und bietet einen kleinen Schluck Sake zum Kosten an. „Das ist ein ganz besonderer, da kostet die Flasche 250Euro“, sagt er, wartet auf die Reaktion und nickt. Um diesen Betrag kann man hier aber sehr oft essen.

ZUR PERSON

Hiroshi Sakai hat sein Handwerk, die japanische Küche, in Sapporo gelernt. Vor 15Jahren kam er der Liebe wegen nach Wien, seine heutige Frau Angela Kramer hat er während ihres Japanologie-Studiums in Sapporo kennengelernt. Sakai war 15 Jahre lang Küchenchef im japanischen Restaurant Unkai im Wiener Grand Hotel. Mitte November hat er in der Florianigasse 36, im achten Wiener Bezirk, sein erstes eigenes Restaurant, das „Sakai“, eröffnet. Dort bietet er die gesamte Bandbreite der japanischen Küche und eine große Sake-Auswahl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2013)

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