Während Teams wie Bayern München oder Manchester United scheiterten, qualifizierte sich die U19 der Austria für das Achtelfinale.
Wien. Der Schlusspfiff kam einer Erlösung gleich. Die Spieler formierten sich schlagartig zu einer Jubeltraube, Trainer Herbert Gager stürmte auf das Spielfeld, das Betreuerteam hinterher. Torhüter Osman Hadzikic war an diesem kalten Dezembertag nicht der Einzige, der Tränen vergoss. Auf den Tribünen der Generali Arena klatschte das Gros der 2867 Zuschauer zu den Klängen eines Hits von Christina Stürmer kräftig in die Hände. Aber das war angesichts der zwei Grad Außentemperatur auch ohne das gewonnene Fußballspiel eine gute Idee.
Der 2:1-Sieg gegen Zenit St. Petersburg im abschließenden Gruppenspiel der von der Uefa neu geschaffenen „Youth League“ hatte sämtliche Zweifel beseitigt. Der U19-Auswahl der Wiener Austria war der zunächst für unrealistisch gehaltene Einzug ins Achtelfinale der 16 besten Mannschaften der Jugend-Champions-League tatsächlich gelungen. „Hätten wir damit vor dem ersten Spieltag spekuliert, wären wir alle eingeliefert worden“, grinste Herbert Gager im Kabinengang. Nach jeweils zwei Spielen gegen die Nachwuchsspieler von St. Petersburg, Atlético Madrid und FC Porto aber vermittelten die jungen Austrianer selbst ein neu gewonnenes Selbstvertrauen. Spielmacher Sascha Horvath sagt: „Zu Beginn war der Grundtenor: ,Gegen uns gewinnen eh alle.‘ Jetzt stehen wir in der K.-o.-Runde, haben vor niemandem mehr Angst.“
Vor den Augen des Teamchefs
Eine Woche hatte sich das Team gezielt auf dieses Endspiel gegen die Russen vorbereitet. Ein Novum, denn eigentlich existiert die Mannschaft als solche gar nicht. Bestehend aus etlichen U19-Spielern und jungen Amateuren aus der Regionalliga Ost sind gemeinsame Trainingseinheiten die Seltenheit. „Aber wenn wir auf dem Platz stehen, funktionieren wir“, sagte Horvath und lobte die Moral der eingeschworenen Einheit aus. Die frühe Führung der Gäste durch Pavel Dolgov (12.) glichen die Austrianer fünf Minuten später durch Peter Michorl aus. Während Schlussmann Hadzikic einige Male mit Paraden glänzte, drängte Violett weiter auf den Sieg, den Nikola Zivotic mit seinem Kopfballtreffer (70.) sicherstellte. „Ein unglaubliches Gefühl. Ich war in diesem Moment voller Adrenalin“, meinte Zivotic nach seinem dritten Treffer im laufenden Bewerb.
Austrias junge Garde bot eine reife Leistung, an der auch ÖFB-Teamchef Marcel Koller Gefallen fand. „Er war sehr angetan“, berichtete Austrias Nachwuchsleiter, Ralf Muhr, der am kommenden Montag den Verein bei der Auslosung zum Achtelfinale in Nyon vertreten wird. Im Kampf um den Einzug ins Viertelfinale entscheidet jedoch nur ein Spiel, welches die Wiener als Gruppenzweiter hinter Atlético Madrid auswärts gegen einen der sieben anderen Gruppenersten zu bestreiten haben.
Wann gespielt wird, steht noch nicht fest, am wahrscheinlichsten ist ein Februar-Termin. Weil das zuvor unmöglich Geglaubte geschafft wurde, wird am Verteilerkreis wieder geträumt. Im Frühjahr warten nun „Kaliber“, etwa Chelsea, Real Sociedad, ZSKA Moskau, Benfica Lissabon, Real Madrid oder der FC Barcelona – Klubs, gegen die Austrias Kampfmannschaft nur allzu gern gespielt hätte, in der „echten“ Champions League.
Als der Name der Katalanen fiel, begannen die Augen von Herbert Gager, er ist bekennender Barca-Fan, zu funkeln. „Ja, das wäre mein Wunschlos. Unsere Zuschauer hätten sich ein Heimspiel verdient, aber auch ein Auswärtsspiel hat definitiv seine Reize.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2013)
