Die Wiener Austria besiegte Zenit St. Petersburg mit 4:1. Die Partie wurde von Ausschreitungen seitens der russischen Fans überschattet.
Als nach etwa 25 Minuten die ersten Knallkörper aus dem prall gefüllten Gästesektor in den unteren Rang voller Austria-Anhänger flogen, wurde das letzte Champions-League-Spiel der Wiener Austria gegen Zenit St. Petersburg plötzlich zur Nebensache. Alles konzentrierte sich auf die 2500 mitgereisten Zenit-Fans – ein ungutes Gefühl. Der mazedonische Schiedsrichter Aleksandar Stavrev zeigte sich von den Krawallen zunächst unbeeindruckt, ließ noch minutenlang weiterspielen, ehe er die Partie nach etwa fünf Minuten der Unruhe doch für einige Augenblicke unterbrach.
Die Polizei umstellte daraufhin den Zenit-Sektor, ein Abbruch war da keine Illusion mehr. Doch es kehrte doch noch etwas Ruhe auf den Rängen ein, Konsequenzen wird es dennoch für beide Seiten geben. Auch der Fußball sollte im Ernst-Happel-Stadion noch in den Fokus rücken. Nach dem Führungstreffer der Millionärsauswahl aus St. Petersburg durch Kerschakow (35.) drehten die bereits fix aus dem Europacup ausgeschiedenen Wiener auf. Zweimal Hosiner (44./ 51.), Jun (48.) und Kienast (93.) bescherten den violetten Fans unerwartete Glücksgefühle und den ersten Sieg in der Königsklasse. Der Erfolg spült dem Meister zudem eine Million Euro in die Klubkassa.
Rosige violette Zukunft
Eindrucksvoll war auch der Auftritt der U19-Mannschaft der Austria gegen Zenit am Vormittag. Als die Begegnung abgepfiffen wurde, formierten sich die Spieler schlagartig zu einer Jubeltraube, Trainer Herbert Gager stürmte auf das Spielfeld der Generali Arena, das Betreuerteam hinterher. Torhüter Osman Hadzikic war nicht der Einzige, der Tränen vergoss. Der 2:1-Sieg gegen Zenit im abschließenden Gruppenspiel der von der Uefa neu geschaffenen „Youth League“ hatte sämtliche Zweifel beseitigt, der U19 gelang tatsächlich der Einzug ins Achtelfinale der 16 besten Mannschaften der Jugend-Champions-League. „Hätten wir damit vor dem ersten Spieltag spekuliert, wären wir alle eingeliefert worden“, grinste Herbert Gager im Kabinengang. Nach jeweils zwei Spielen gegen die Nachwuchskräfte von St. Petersburg, Atlético Madrid und FC Porto aber vermittelten die jungen Austrianer selbst ein neu gewonnenes Selbstvertrauen. Spielmacher Sascha Horvath sagt: „Zu Beginn war der Grundtenor: ,Gegen uns gewinnen eh alle.‘ Jetzt stehen wir in der K.-o.-Runde, haben vor niemandem mehr Angst.“
Eine Woche hatte sich das Team gezielt auf dieses Endspiel gegen die Russen vorbereitet. Ein Novum, denn eigentlich existiert die Mannschaft als solche gar nicht. Bestehend aus etlichen U19-Spielern und jungen Amateuren aus der Regionalliga Ost sind gemeinsame Trainingseinheiten die Seltenheit. „Aber wenn wir auf dem Platz stehen, funktionieren wir“, sagte Horvath. Austrias junge Garde bot eine reife Leistung, an der auch ÖFB-Teamchef Marcel Koller Gefallen fand. „Er war sehr angetan“, berichtete Austrias Nachwuchsleiter, Ralf Muhr, der am kommenden Montag den Verein bei der Auslosung zum Achtelfinale in Nyon vertreten wird.
„Wunschlos“ Barcelona
Im Kampf um den Einzug ins Viertelfinale entscheidet jedoch nur ein Spiel, welches die Wiener als Gruppenzweiter hinter Atlético Madrid auswärts gegen einen der sieben anderen Gruppenersten zu bestreiten haben. Mögliche Gegner im Februar sind Chelsea, Arsenal, Real Sociedad, ZSKA Moskau, Benfica Lissabon, Real Madrid oder der FC Barcelona. „Barca“, rieb sich Herbert Gager die Hände, „wäre mein absolutes Wunschlos.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2013)