Minister gegen Weisungsrecht und Geschworenengerichte

VP-REGIERUNGSTEAM: BRANDSTETTER
VP-REGIERUNGSTEAM: BRANDSTETTER(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Der künftige Justizminister, Wolfgang Brandstetter, fiel bisher mit Reformideen auf. Aber kann der Spindelegger-Vertraute sie umsetzen?

Wien. Wenn Wolfgang Brandstetter als Justizminister das umsetzt, was er als Professor und Strafverteidiger gefordert hat, würde das große Reformen bedeuten. So forderte er die Abschaffung des Weisungsrechts für den Justizminister, um den Anschein politischen Einflusses zu vermeiden.

Und Brandstetter erklärte, dass die Geschworenengerichtsbarkeit „ihrem Wesen nach eines modernen Rechtsstaats unwürdig“ sei. Es gebe ein „hohes Risiko von Fehlurteilen“, wenn die Laien (allein und ohne Begründung) über die Schuld entscheiden.

Ob Brandstetter in der Regierung aber stark genug sein wird, seine Ideen umzusetzen, ist fraglich. Auch Claudia Bandion-Ortner forderte etwa als Richterin das Ende des Weisungsrechts. Um dieses dann als „unabhängige“ Ministerin, aber immer klar auf ÖVP-Linie stehend, zu verteidigen.

Nicht Partei-, aber CV-Mitglied

Brandstetter ist nicht Parteimitglied. Der Vorstand des Instituts für Wirtschaftsstrafrecht an der WU passt aber in das klassische Schema für die Personalwahl von ÖVP-Chef Michael Spindelegger. Wie der Vizekanzler gehört auch Brandstetter der CV-Verbindung Norica an. Brandstetter, Niederösterreicher und Sohn eines Religionslehrers, trat dem katholischen Studentenbund gleich zu Studienbeginn bei. Im Gegensatz zum heutigen ÖVP-Obmann „Cato“ hatte Brandstetter aber keinen Couleurnamen, was bei der Norica jedoch nicht unüblich ist.

Vertieft hat sich die Freundschaft der beiden, als sie nach Studienende als Strafrechtsassistenten an der Uni Wien arbeiteten. Brandstetter (56) und sein jüngerer Freund Spindelegger (53) blieben seither immer in Kontakt. Als Spindelegger einen Fachmann und Vertrauten für das Amt des Justizministers suchte, fiel die Wahl auf den langjährigen Freund.

Fachlich ist Brandstetter unumstritten. Kenner verweisen allerdings darauf, dass der ruhige und besonnene Jurist so gar nicht in das gewohnte Schema eines Politikers passt. Er wird es in der Regierung nicht leicht haben: Tritt er wirklich als unabhängiger Minister auf, wird es oft schwerfallen, Dinge umzusetzen. Begibt er sich zu sehr auf ÖVP-Linie, könnte, wie einst bei Bandion-Ortner, der Ruf der Unabhängigkeit rasch wieder weg sein. Mit Überraschung wird in Fachkreisen auch aufgenommen, dass sich Brandstetter den Job antut. Schließlich hat der Professor seine Nebentätigkeit als Strafverteidiger aus gesundheitlichen Gründen reduziert.

Wohnte Alijev beim Minister?

Immer wieder trat Brandstetter aber in prominenten Fällen auf, ohne bei der Auswahl seiner Klienten wählerisch zu sein. Er vertrat etwa den wegen Mordes verdächtigten einstigen kasachischen Botschafter in Österreich, Rakhat Alijev, die Bawag oder Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer. Auch Kanzler Werner Faymann suchte die Expertise von Brandstetter in der Inseratenaffäre. Losgelöst von diesem Mandat betonte Brandstetter aber, dass die „Inseratenkorruption“ die Fundamente eines demokratischen Rechtsstaats bedrohe und das Korruptionsstrafrecht dem vorbeugen müsse.

Ein Problem könnte es werden, wenn Brandstetter in Causen, in denen er Verteidiger war, nun als Justizminister über eine Anklage entscheiden muss. In diesem Fall müsste sich der Minister wohl für befangen erklären – und die Verantwortung an Beamte abgeben. Für Aufregung sorgte am Freitag auch ein Bericht der Zeitschrift „Datum“, laut dem Alijev vorübergehend an der privaten Wohnadresse Brandstetters gemeldet war. Der designierte Minister wollte sich dazu nicht äußern.

Habilitation über Vollrausch

Brandstetter wohnt in Eggenburg im Waldviertel, ist verheiratet und hat drei Kinder. Bemerkenswert in Zeiten einer höheren Alkoholsteuer das Thema seiner einstigen Habilitationsschrift: „Grundfragen der Deliktsverwirklichung im Vollrausch“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2013)

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