Ärztekammer

Johannes Steinhart: Im Auge des Ärzte-Streits

Johannes Steinhart, Präsident der Ärztekammer, ist unter Druck: Die Staatsanwaltschaft ermittelt, seine Koalition ist zerbrochen, Intrigen sind an der Tagesordnung.
Johannes Steinhart, Präsident der Ärztekammer, ist unter Druck: Die Staatsanwaltschaft ermittelt, seine Koalition ist zerbrochen, Intrigen sind an der Tagesordnung.Die Presse/Clemens Fabry
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Mitten im Chaos rund um die Ärztekammer Wien musste Präsident Johannes Steinhart pausieren. Nun ist er zurück. Wer ist dieser Mann, der so stark polarisiert?

Den vergangenen Donnerstag dürfte Johannes Steinhart herbeigesehnt haben. Der Präsident der Österreichischen und Wiener Ärztekammer hat seine gesundheitlichen Probleme überwunden und ist wieder im Amt, das er im April wegen eines Spitalaufenthalts ruhen lassen musste. Aber unangenehme Situationen lösen sich selten von selbst.

Damit trifft Steinhart in der Wiener Kammer auf die gleiche Situation wie vor seinem gesundheitsbedingten Rückzug: Es herrscht Chaos, es gibt Grabenkämpfe, die Staatsanwaltschaft ermittelt, Steinharts bürgerliche Koalition ist zerbrochen, der Präsident machtlos und seit Monaten angezählt. Wenn es die Ärztekammer in den vergangenen Monaten in die Schlagzeilen geschafft hat, dann nur in negative. Damit stellt sich die Frage: Wer ist dieser Johann Steinhart, dem es gelungen ist, den SPÖ-nahen, gewieften Taktiker Thomas Szekeres aus dem Präsidentenamt der Ärztekammer zu hebeln, und nun vor den Scherben seiner Präsidentschaft steht – nachdem auch er von der Staatsanwaltschaft in der Causa Equip4Ordi als Beschuldigter geführt wird („Verdacht der Beteiligung an Untreue“)?

Staatsanwaltschaft ermittelt

Die Vorgeschichte: Equip4Ordi ist eine ausgelagerte Tochtergesellschaft der Kurie niedergelassene Ärzte, die Einkäufe für Arztpraxen und Mediziner abwickelt. Im März der Knalleffekt: Es gab dort eine Hausdurchsuchung durch die Staatsanwaltschaft Wien. Diese ermittelt wegen des Verdachts der Untreue, der Begünstigung und des schweren Betrugs gegen Equip4Ordi. Im Fokus standen zunächst zwei ehemalige Geschäftsführer und ein Mitarbeiter der Wiener Kammer. Alle drei Beschuldigten behaupten, auf Weisung von Steinhart agiert zu haben. Dieser weist die Vorwürfe vehement zurück. Derzeit ist unklar, ob es sich um eine Intrige gegen Steinhart handelt oder ob die Vorwürfe gegen ihn Substanz haben.

Steinharts Karriere weist eine Parallele zu Alfred Gusenbauer auf. Der frühere SPÖ-Chef hatte schon in der Sandkiste davon geträumt, Bundeskanzler zu werden. Und es (nach langer Wartezeit) auch geschafft. Auch Steinhart hat früh davon geträumt, Präsident der Ärztekammer zu werden, ist in der Standesvertretung zu hören. Er scheiterte aber ab 2012 regelmäßig daran, obwohl seine Fraktion bei Kammerwahlen die meisten Stimmen erhielt. Dem SPÖ-nahen Thomas Szekeres gelang es immer wieder, eine breite Koalition gegen die bürgerliche Fraktion in der Kammer zu schmieden. Zumindest bis zum Jahr 2022, da schaffte es Steinhart an die Spitze der Wiener Kammer. Steinhat schaffte es im gleichen Jahr auch zum Vorsitzender der Österreichischen Ärztekammer.

Szekeres wurde von Steinhart aus dem Amt gekippt, steht politisch auf der anderen Seite, verteidigt aber überraschend seinen christlich-sozialen Nachfolger: „Steinhart ist ein Opfer einer Verschwörung seiner eigenen Mitglieder geworden.“ Man dürfe Steinhart nicht vorverurteilen, sondern müsse abwarten, was die Ermittlungen in der Causa ergeben, so Szekeres. „Die Presse am Sonntag“ bat Steinhart um eine Stellungnahme zur Causa, es hieß allerdings, Steinhart gebe derzeit keine ab. Er werde das aber in den nächsten Tagen tun, wurde erklärt.

Funktionäre zeigen sich gegenseitig an

Andere Kammerfunktionäre anzuzeigen ist in der Ärztekammer inzwischen ein Volkssport geworden. So ist auch Szekeres nun von Stefan Ferenci, Stellvertreter von Steinhart, in dieser Causa überraschend angezeigt worden. Szekeres spricht von absurden Vorwürfen, weil es für alles kollegiale Beschlüsse gab, die er als damaliger Präsident umsetzen habe müssen.

Nicht nur durch die Grabenkämpfe ist die Ärztekammer handlungsunfähig geworden. Bereits im Juni haben zwölf der 26 Mandatare Steinharts Allianz verlassen, womit der Präsident de facto nichts mehr entscheiden kann. Steinhart kann aber auch nicht abgesetzt werden, weil dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig ist. Und die ist derzeit nicht in Sicht. Das lähmt die Ärztekammer und auch die Stadt Wien. Letztere benötigt die Ärztekammer, um Verbesserungen im angeschlagenen Gesundheitssystem umzusetzen.

Steinhart gilt als konfrontativ, was er seit seinem Amtsantritt bewiesen hat. Vor allem, wenn es gegen das rote Wien geht. Ein ehemaliger roter Ärztevertreter beschreibt Steinhart so: „Ich kenne ihn seit Langem als sehr konservativen Arzt.“ Nachsatz: „Er gehört zu einer Funktionärsgruppe wie früher, die davon gelebt hat, möglichst allen Roten in den Bauch zu schlagen, um von der eigenen Klientel wiedergewählt zu werden.“

Anhänger des Präsidenten sehen das (naturgemäß) völlig anders: Steinhart sei in Wirklichkeit konsensuell orientiert. Die Funktion als Ärztekammer-Präsident bedinge aber ein kantiges Auftreten, um für die Ärzteschaft etwas zu erreichen.

House of Cards in der Ärztekammer

Andere wären durch die Grabenkämpfe längst zermürbt. Aber nicht Steinhart. Seit der Rückkehr von seiner Herz-OP sei er sogar noch kämpferischer geworden, heißt es in seinem Umfeld: „Er hat sich ganz bewusst entschieden weiterzumachen. Denn er will diese Vorwürfe nicht so stehen lassen – das lässt er sich nicht gefallen.“ Die Ursache der Causa sieht man in seinem Umfeld so: Steinhart habe einen Generationenwechsel in der Kammer eingeleitet, nun hätten sich diese Personen aber gegen ihn gewandt. In der Kammer werde „House of Cards“ gespielt, wird trocken formuliert.

Derzeit wird diese undurchsichtige Causa nicht nur von der Staatsanwaltschaft, sondern auch vom Rechnungshof, der Magistratsabteilung 40 und einer kammerinternen Untersuchungskommission geprüft. Welches Ergebnis die Untersuchungen bringen, ist nicht abzusehen. Bis dorthin gehen die Grabenkämpfe in der Ärztekammer weiter.

Zur Person

1955. Johannes Steinhart wird in Wien geboren.

1983. Promotion zum Dr. med. univ.

1987. Ausbildung zum Facharzt für Urologie.

1999. Vizepräsident der Wiener Ärztekammer und Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte.

Seit 2022. Präsident der Ärztekammer für Wien und Präsident der Österreichischen Ärztekammer.

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