Unterwegs

Mit dem Pick-up zum ­Donut-Shop?

Über das Wochenend-Landleben in Upstate New York.

Ich gestehe es Ihnen nur ungern, aber ich bin vergangenen Sonntag mit dem Ford F-150 zum Donutkaufen gefahren. Fürs Frühstück. Der F-150 ist ein sechseinhalb Meter langer Pick­up-Truck, der Donut ist ein in Fett herausgebackener Hefeteigkringel, und in diesem Fall bestreicht ihn die Frau hinter der Budel gerade mit einer Glasur aus Ahornsirup und Speckwürfeln.

Das weiß ich, weil ich mich gegen den Drive-through entschieden habe, den selbst diese kleine Holzhütte im Wald („Hänsel und Gretel“, anyone?) hat. Ich hab den Truck geparkt, steh am Take-out-Fenster und kann in den kleinen Donut-Schuppen lugen. Es riecht nach Fritteuse, die Grillen zirpen, und während ich auf die Schachtel mit dem halben Dutzend Donuts warte, trinke ich Maple Latte und starre aufs Auto. Wenn ich mich damit selbst überfahren würde, träfe ich mich in den Brustkorb. Guillotiniert von der Seite, sozusagen.

All das, was ich beschrieben habe, würde ich natürlich im echten Leben nie machen. Maple Latte ist mir viel zu süß, ich esse ungern Zuckergebäck, Auto habe ich keins. Doch es ist Labor Day und ich bin upstate: Sobald der New Yorker seine Stadt verlässt und ca. zweieinhalb Stunden gen Norden fährt, verändert sich sein Habitus. Ich muss wohl nicht erwähnen, was etwa 1968 in Woodstock geschah. Heute sind die Auswirkungen andere, man zieht sich anders an („Alle sehen aus wie Boutique-Bauern“, raunt eine Freundin), man interessiert sich plötzlich für Antiquitäten. Fährt einen Pick-up, weil, nun ja, tatsächlich Kayaks darauf Platz haben. Und eine Schachtel mit sechs warmen Donuts. Wie praktisch!

elisabeth.postl@diepresse.com

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