Faymanns Streit mit den steirischen Genossen

Die Landespartei wollte die neue Staatssekretärin Sonja Steßl nicht einmal in den Nationalrat entsenden.

Nicht nur die steirische ÖVP mit Obmann Hermann Schützenhöfer führt mit der Bundespartei nach der Regierungsbildung „Krieg“. Auch die SPÖ Steiermark kämpft mit der Bundespartei und Bundeskanzler Werner Faymann. Das belegen die Vorgänge rund um den Wiedereinzug der Oststeirerin Sonja Steßl,die vor Weihnachten zur Überraschung aller zur Finanzstaatssekretärin befördert wurde, in den Nationalrat.

Wegen der 32-jährigen Juristin legte sich Bundeskanzler SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann, wie jetzt zu erfahren war, mit den steirischen Sozialdemokraten und Landeshauptmann Franz Voves an. Wäre es nach vielen steirischen Genossen gegangen, so hätte Steßl nach der roten Wahlschlappe bei der Nationalratswahl am 29.September nach nur einer Gesetzgebungsperiode vorerst gar nichts in das Hohe Haus zurückkehren sollen. Es gab auf Drängen der Obersteirer vielmehr den Wunsch, dass die aus Feldbach stammende Steßl auf ihr Mandat verzichtet. Statt der SPÖ-Mandatarin, die in der steirischen Arbeiterkammer tätig war, hätte der Judenburger Christian Füller zum Zug kommen sollen.

Füller war bereits von 2006 bis 2008 im Nationalrat und wurde im Laufe des Jahres 2013 zum geschäftsführenden Vorsitzenden der Bundesratsfraktion der SPÖ. Er folgte damit einem anderen Steirer, Gerald Klug, der seit März 2013 Nachfolger von Norbert Darabos als Verteidigungsminister ist und SPÖ-Spitzenkandidat bei der Bundeswahl in der Steiermark war. Den Absturz der Sozialdemokraten hinter die Freiheitlichen in der Steiermark konnte der in manchen Medien schon als neuer roter Wunderwuzzi gehandelte Klug jedenfalls nicht verhindern.

Bundeskanzler Faymann machte jedoch seinen steirischen Genossen bei diesen Personalplänen einen Strich durch die Rechnung. In der SPÖ heißt es, dass Sonja Steßl auf seinen Wunsch hin das Nationalratsmandat, das ihr aufgrund der Reihung auch zustand, behielt. Unter maßgeblicher Mithilfe von SPÖ-Frauenchefin Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek machte Faymann die bundesweit bis kurz vor Weihnachten praktisch unbekannte Steirerin dann zur Nachfolgerin von Andreas Schieder im Finanzministerium. Voves seinerseits hatte von der SPÖ-Bundespolitik genug und räumte seinen Sessel als einer der Stellvertreter Faymanns.

E-Mails an:karl.ettinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.12.2013)

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