Südsudan: Nachbarn drohen Krisenstaat

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Ostafrikanische Präsidenten erhöhen den Druck auf Rebellenführer Riek Machar. Ein Ultimatum soll den jüngsten Staat der Welt vor dem Zerfall bewahren.

Juba. Mehr als 120.000 Flüchtlinge, mehr als 1000 Todesopfer: Neue Zahlen der Vereinten Nationen belegen, dass der jüngste Staat der Welt vor dem Abgrund steht. Auch am Freitag tobten wieder Gefechte im Südsudan, während im Nachbarland Kenia hektische Vermittlungsbemühungen einsetzten: Die ostafrikanischen Regionalorganisation Igad forderte nach einem Treffen in Nairobi, dass die Konfliktparteien innerhalb von vier Tagen die Waffen niederlegen - andernfalls würden die Mitglieder nicht näher präzisierte Handlungen setzen.

Der diplomatische Druck von Südsudans ostafrikanischen Nachbarn zeitigte bereits erste Teilerfolge: Präsident Salva Kiir habe sich zu einem Waffenstillstand bereit erklärt, hieß es am Freitag. Nach Angaben des US-Unterhändlers Donald Booth ist Kiir zudem bereit, einen Großteil der nach dem mutmaßlichen Umsturz-Versuch festgenommen Politiker freizulassen - eine zentrale Bedingung von Kiirs Gegenspieler Riek Machar für die Aufnahme von Friedensgesprächen. Zunächst gab es aber keine Reaktion aus dem Lager des untergetauchten Ex-Vizepräsidenten. Machar steht seit gestern mit dem Rücken zur Wand, Kenias Präsident Uhuru Kenyatta stellte sich am Freitag jedenfalls demonstrativ hinter Präsident Kiir: „Wir in der Igad werden es nicht zulassen, dass eine demokratisch gewählte Regierung gestürzt wird", sagte Kenyatta unmissverständlich. Zudem mussten auch Machars Kämpfer eine empfindliche Niederlage hinnehmen: Die Regierungstruppen haben sie aus der Hauptstadt des ölreichen südsudanesischen Bundesstaats Obernil vertrieben, teilte Armeesprecher Philip Aguer mit.

„Der Südsudan ist nicht allein"

Machar war im Sommer von Kiir als Vizepräsident abgesetzt worden, im Dezember warf ihm der Präsident vor, den Sturz der Regierung zu betreiben. Daraufhin brachen am 15. Dezember heftige Kämpfe aus, der jüngste Staat der Welt droht, entlang ethnischer Bruchlinien zu zerfallen. Denn Kiir und Machar gehören zwar derselben Partei (SPLM) an, entstammen aber nicht derselben Volksgruppe. Schon 1991 bekämpften sie sich. Doch dann deckte der Kampf um Unabhängigkeit vom verhassten Norden die Animositäten zwischen Kiirs Volk der Dinka und Machars Nuer zu. Nun, zweieinhalb Jahre nach der erfolgreichen Loslösung von Khartum, sind die jahrzehntealten Konflikte wieder aufgebrochen - mit dramatischen Folgen. Der Zustrom in die südsudanesischen UN-Stützpunkte ist enorm, 60.000 Menschen, also knapp die Hälfte der Flüchtlinge, haben dort Unterschlupf gefunden. In einem dramatischen Appell erklärte Hilde Johnson, die Leiterin der UN-Mission im Südsudan, man brauche mindestens 120 Millionen Euro an Soforthilfe für das Krisenland.

Erst kürzlich beschloss der UN-Sicherheitsrat eine massive Aufstockung der Blauhelm-Mission im Südsudan von 7000 auf 12.500 Soldaten. „Der Südsudan ist in Gefahr. Aber er ist nicht allein", erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon.

(ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.12.2013)

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