Die Filmindustrie in den USA hat wieder eifrig die Bibel studiert. Demnächst wird Hollywoods Exegese auf der Leinwand zu bestaunen sein.
Wie Moses das Rote Meer zu teilen – das ist eine Allmachtfantasie, der nicht nur Bibelkundige leicht erliegen. Auch die Kinoabteilung des Gegengiftes hat der Versuchung bereits nachgegeben. Beim Besuch der Universal Studios in Hollywood entkamen wir mit einem leichten Wink trockenen Fußes den Fluten wie der Verfolgung Pharaos Richtung Sinai. Die Schleusen, die den Trick bewirkten, waren zwar schon etwas angejahrt, so wie der Bus, in dem wir den Auszug wagten, die nostalgische Wirkung stellte sich dennoch ein. „Auch ich war in Ägypten!“, konnten wir danach in Kalifornien sagen.
Wer erinnert sich nicht mit Wonne an den Film „Die zehn Gebote“ des Regiegiganten Cecil B. DeMille? Er hieß Charlton Heston 1956 als Moses mit einer für den militanten Superstar fast nachlässigen Gebärde die Wasser weichen lassen, auf dass der sich mit Mann und Maus, Gattin, Kebsweib, Kind und Kegel Richtung Nahost absetzte. Dieses Spektakel in VistaVision ist bis heute praktisch unerreicht, aber umso mehr freut mich die Nachricht, dass sich die großen Studios mit ihren besten Kräften für das neue Jahr vorgenommen haben, das Alte und das Neue Testament wieder als Skript zu ehren. Der Gladiator baut eine Arche, Batman bekämpft das Böse am Nil, und Madonna darf blutjung sein.
Die in Israel geborene Schauspielerin Odeya Rush ist erst 16, als „Mary“ soll sie vor Weihnachten in die Kinos kommen. Christian Bale, der bisher dreimal den Fledermaus-Rächer gegeben hat, wird für Regisseur Ridley Scott in „Exodus“ als Moses das Volk Gottes aus der Knechtschaft führen. Regisseur Ang Lee hat das Nachsehen– für „Gods and Kings“ muss sein Auszug erst in den Kasten. Aber inzwischen wird Russell Crowe, der schon als römischer Zirkuskämpfer transzendente Erfahrungen gemacht hat, bei Darren Aronofsky als „Noah“ samt Familie und Menagerie dem Ende entgehen, während die übrige schlechte Welt gnadenlos absäuft. Die Flut soll diesen April in die Kinos kommen.
Strenggläubige werden fragen, ob man profanen Amis diese Exegese so einfach überlassen kann. Keine Sorge! Aus dem Vatikan ist zu hören, der neue Papst sei derart beliebt, dass Rom von Pilgern überlaufen wird wie nie zuvor. So dicht gedrängt ist es auf dem Petersplatz, dass selbst ein Moses Mühe hätte, die Massen zu teilen.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2014)